Das ENZ entfaltet gemäß Art. 69 Abs. 2 bis Abs. 4 EU-ErbVO lediglich Wirkungen auf materiellrechtlicher Ebene: Art. 69 Abs. 2 EU-ErbVO begründet eine Vermutung für die Rechtsinhaberschaft des im ENZ genannten Erben (Vermutungswirkung), Art. 69 Abs. 3 und Abs. 4 EU-ErbVO schützen einen gutgläubigen Vertragspartner (Gutglaubenswirkung). Feststellungs- oder Gestaltungswirkung in Bezug auf die verlautbarte Rechtslage entfaltet das ENZ jedoch nicht.

Über die zivilprozessuale Anerkennung können nur die verfahrensrechtlichen Wirkungen einer ausländischen Entscheidung auf das Inland erstreckt werden. Die Vermutungs- und Gutglaubenswirkung des ENZ liegt jedoch als sog. "Tatbestandswirkung" auf der Ebene des materiellen Rechts und damit außerhalb des Anwendungsbereichs zivilprozessualer Anerkennungsvorschriften.[22] Dies ist der dogmatische Grund dafür, dass die Wirkungen des Art. 69 Abs. 2 bis Abs. 4 EU-ErbVO nicht schon über die allgemeine Anerkennungsvorschrift des Art. 39 Abs. 1 EU-ErbVO auf andere Mitgliedstaaten als den Ausstellungsstaat erstreckt werden können. Um diese Wirkungserstreckung zu erzielen, bedurfte es vielmehr der Sondervorschrift des Art. 69 Abs. 1 EU-ErbVO.

[22] Vgl. in diesem Sinne zu nationalen Erbrechtszeugnissen und § 108 Abs. 1 FamFG (bzw. § 16 a FGG aF) Staudinger/Dörner, BGB, Neubearbeitung 2007, Art. 25 EGBGB Rn 914; Kleinschmidt, RabelsZ 77 (2013), 723, 731.

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