Leitsatz
Ist in einem notariellen Einzeltestament durch den Erblasser eine Person als Alleinerbe und eine dritte Person als "Schlusserbe" bezeichnet, so liegen für das Grundbuchamt ersichtlich tatsächliche Zweifel hinsichtlich einer Anordnung einer Nacherbfolge vor.
Das Grundbuchamt ist in diesem Fall zur Anforderung der Vorlage eines Erbscheins verpflichtet. Die Eintragung der als Alleinerbe eingesetzten Person ohne Eintragung eines Nacherbenvermerks darf keinesfalls erfolgen.
Das Beschwerdegericht ist in diesem Fall dazu berechtigt, die Eintragung eines Amtswiderspruchs anzuordnen. Dieser Amtswiderspruch muss sich gegen die Eigentümereintragung ohne gleichzeitige Eintragung einer Verfügungsbeschränkung im Sinne eines Nacherbenvermerks richten.
OLG Hamm, Beschluss vom 18. August 2015 – 15 W 332/15
Sachverhalt
Als Eigentümer des in Grundbüchern von X Blatt ###, ###, ### und ### eingetragenen Grundbesitzes war zunächst Herr M (im Folgenden: Erblasser) eingetragen.
Dieser hatte am 10.6.2009 ein notarielles Testament errichtet, in dem er unter II. seine Ehefrau E – die Beteiligte zu 2) – zu seiner "alleinigen und ausschließlichen Erbin" bestimmte (UR-Nr.40/2009 der Notarin B in C). Unter III. und IV. dieses notariellen Testaments verfügte der Erblasser wie folgt:
"III. Schlusserbeneinsetzung "
Als Schlusserben nach dem Ableben meiner Ehefrau setze ich ein meine Nichte Frau V.
IV. Vorversterben
Sofern meine Ehefrau vor mir versterben, oder wir einer gemeinsamen Gefahr erliegen, bei der ein Vorversterben eines Ehegatten vor dem anderen nicht mehr festgestellt werden kann, soll Schlusserbschaft nach vorstehender Ziffer gelten.“
Am 12.3.2012 errichtete der Erblasser ein weiteres notarielles Testament, in dem er unter Bezugnahme auf seine letztwillige Verfügung vom 10.6.2009 anordnete, dass seine Ehefrau nach seinem Ableben seine alleinige Erbin bleiben solle. Für seine Schwester V2 setzte er ein Vermächtnis aus (UR-Nr. 28/2012 der Notarin B in C).
Der Erblasser verstarb am 3.11.2014. Die beiden letztwilligen Verfügungen wurden am 15.1.2015 eröffnet (AG Medebach 9 IV 38/12).
Unter dem 16.2.2015 beantragte die Beteiligte zu 2), zu diesem Zeitpunkt noch vertreten durch die Notarin B, unter Bezugnahme auf die notariellen Testamente vom 10.6.2009 und 12.3.2012, sie als Alleineigentümerin in den vorbenannten Grundbüchern einzutragen. Das Grundbuchamt nahm die beantragten Eintragungen jeweils am 30.3.2015 vor.
Mit Schriftsatz vom 22.4.2015 beantragte die Beteiligte zu 1) in den Grundbüchern einen Nacherbenvermerk zu ihren Gunsten einzutragen, wobei sie zur Begründung anführte, die Bestimmung unter III. des notariellen Testaments vom 10.6.2009 sei als Nacherbeneinsetzung zu verstehen. Die Beteiligte zu 2) ist der Eintragung des Nacherbenvermerks entgegen getreten. Die Grundbuchrechtspflegerin hat die beurkundende Notarin ohne vorherige Einholung einer Aussagegenehmigung des Präsidenten des Landgerichts Arnsberg zu einer Stellungnahme aufgefordert, ob der Erblasser die Beteiligte zu 1) als Nacherbin habe einsetzen wollen.
In ihrer Stellungnahme vom 16.6.2015, die mit dem Satz "Ein Nacherbenvermerk ist demgemäß nicht einzutragen" schließt, konzediert die Notarin B, dass der Begriff "Schlusserbe" missverständlich sei, nach ihrer Erinnerung aber die Nichte damit lediglich zur Ersatzerbin eingesetzt werden sollte.
Mit Beschluss vom 1.7.2015 hat das Grundbuchamt den Antrag der Beteiligten zu 1) auf Berichtigung der Grundbücher durch Eintragung eines Nacherbenvermerks zurückgewiesen. Der gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 16.7.2015 hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 17.7.2015 nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Aus den Gründen
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist zulässig (§ 71 GBO). Soweit die Beteiligte zu 1) mit ihrer Beschwerde die Eintragung eines Nacherbenvermerks begehrt, ist die Beschwerde nicht begründet. Der auf die Eintragung von Amtswidersprüchen nach § 53 GBO gerichtete Hilfsantrag hat hingegen Erfolg und führt zu der im Tenor näher beschriebenen Anweisung an das Grundbuchamt.
1. Die Eintragung eines Nacherbenvermerks zugunsten der Beteiligten zu 1) kommt derzeit nicht in Betracht, da die Stellung der Beteiligten zu 1) als Nacherbin weder durch einen Erbschein nachgewiesen ist noch aus einer in einer öffentlichen Urkunde enthaltenen Verfügung von Todes wegen im Wege der im Grundbuchverfahren möglichen Auslegung entnommen werden kann (§ 35 Abs. 1 GBO). Die Beteiligte zu 1) führt im Ansatz zutreffend an, dass die Eintragung eines zunächst unterbliebenen Nacherbenvermerks von Amts wegen grundsätzlich nachgeholt werden kann (Demharter, GBO, 29. Auflage, § 51 Rn 20).
Die Vornahme einer solchen Eintragung setzt aber voraus, dass der Antragsteller seine Stellung als Nacherbe auch mit den im Grundbuch zulässigen Beweismitteln nachweisen kann.
Einen Erbschein nach § 35 Abs. 1 S. 1 GBO hat die Beteiligte zu 1) nicht vorgelegt. Die Vorlage eines Erbscheins, der ihre Stellung als Nacherbin ausweist, kann der B...