Unter der Güterstandsschaukel versteht man eine zu Lebzeiten der Ehegatten vorgenommene Änderung des Güterstands. Ob dabei vorrangig zivilrechtliche oder steuerrechtliche Überlegungen vorlagen, spielt keine Rolle.
Der BFH hat mit Urteil vom 12.7.2005 zu folgendem Sachverhalt zu entscheiden: Ehegatten, die bisher im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hatten, haben mit Ehevertrag die Beendigung der Zugewinngemeinschaft vereinbart. Die sich ergebende Ausgleichsforderung wurde bis zum Tode des Ausgleichspflichtigen mit einer Verzinsung von 1,5 % p. a. gestundet. Gleichzeitig wurde der Güterstand der Zugewinngemeinschaft mit Beginn des auf den Vertragsabschluss folgenden Tages erneut begründet. Das Finanzamt hatte den Schenkungstatbestand nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG als erfüllt angesehen. Der BFH hat hingegen entschieden, dass der Gegenstand der Schenkung sich nach bürgerlichem Recht richte. Die Ausgleichsforderung entstehe von Gesetzes wegen und werde nicht rechtsgeschäftlich zugewandt. Sie sei daher gemäß § 5 Abs. 2 ErbStG nicht steuerbar. Auch seien die Beendigung des gesetzlichen Güterstands sowie seine anschließende Neubegründung regelmäßig nicht rechtsmissbräuchlich.
Allerdings muss die Ausgleichsforderung tatsächlich berechnet werden. Es kann nicht ausreichend sein, wenn lediglich eine grobe Schätzung des auszugleichenden Betrags vorgenommen wird, da dieses eher auf eine beabsichtigte (steuerbare und ggf. steuerpflichtige) freigebige Zuwendung als auf den Ausgleich eines gesetzlich entstandenen Anspruchs schließen lässt. Geck rät zu beachten, dass im den Anspruch begründenden Vertrag die Dispositionsfreiheit des ausgleichsberechtigten Ehegatten über das erworbene Vermögen nicht eingeschränkt werden dürfe sowie auch, dass die ansonsten in Schenkungsverträgen üblichen Widerrufsvorbehalte und Rückfallklauseln nicht vereinbart worden sein dürften. Da es sich bei dem Zugewinnausgleichsanspruch um einen gesetzlichen Anspruch und nicht um einen "Gnadenakt" handele, müsse das Vermögen endgültig auf den ausgleichsberechtigten Ehegatten übergehen. Folge davon sei, dass beim Vorversterben des ausgleichsberechtigten Ehepartners das ursprünglich übertragene Vermögen ggf. teilweise wieder an den anderen Ehepartner (jetzt jedoch steuerbar und steuerpflichtig) zurückfalle.
Beispiel 16
Das Ehepaar EM und EF leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Bei beiden belief sich das Anfangsvermögen auf 0 EUR. Das derzeitige Vermögen betrug bei EM 4.000.000 EUR und bei EF 0 EUR. Die Eheleute vereinbaren mit notariellem Vertrag die Gütertrennung.
Die Ausgleichsforderung wird wie folgt berechnet und ausgezahlt:
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EM |
EF |
Endvermögen |
4.000.000 EUR |
0 EUR |
Anfangsvermögen |
0 EUR |
0 EUR |
Zugewinn |
4.000.000 EUR |
0 EUR |
abzgl. Zugewinn EF |
0 EUR |
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übersteigender Zugewinn EM |
4.000.000 EUR |
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hiervon 1/2 = Zugewinnausgleichsforderung EF |
2.000.000 EUR |
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Anschließend wird erneut Zugewinngemeinschaft vereinbart. In der Folge verstirbt EF. Das Endvermögen beträgt nun für die neue Zugewinngemeinschaft jeweils 2.000.000 EUR.
EM muss einen Erwerb von Todes wegen in Höhe von 2.000.000 EUR versteuern. Dies wäre das Vermögen, welches er an EF verschenkt hatte.
Die Berechnung § 5 Abs. 1 ergibt sich wie folgt:
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EF |
EM |
Endvermögen |
2.000.000 EUR |
2.000.000 EUR |
Anfangsvermögen |
2.000.000 EUR |
2.000.000 EUR |
Zugewinn |
0 EUR |
0 EUR |
abzgl. Zugewinn EM |
0 EUR |
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übersteigender Zugewinn EM |
0 EUR |
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Die 2.000.000 EUR sind erbschaftsteuerpflichtig. Eine Minderung durch § 5 ErbStG erfolgt nicht. Es sind nur die Freibeträge nach den §§ 16 und 17 ErbStG anzuwenden.
Die Güterstandsschaukel ist erbschaftsteuerlich folglich auch mit einem Risiko behaftet.