Diese Rechtsprechung hat bereits durch den Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 29.3.1976 eine erhebliche Relativierung erfahren. Darin stellt das Gericht klar, dass ein Vorerbe als Testamentsvollstrecker berufen werden kann, "jedenfalls dann, wenn mehrere als Vorerben eingesetzt sind und der Erblasser wie hier ein Kollegium als Testamentsvollstrecker berufen hat". Im Fall hatte das Testamentsvollstreckerkollegium, in dem ein Mitvorerbe vertreten war, aufgrund einer entsprechenden Bestimmung des Testaments entschieden, die Testamentsvollstreckung zu beenden und lediglich als Nacherbenvollstreckung fortbestehen zu lassen; dies wurde vom Gericht nicht beanstandet, mit der Folge, dass ein Mitvorerbe zugleich Nacherbenvollstrecker wurde. Das Wörtchen "jedenfalls" könnte darauf hindeuten, dass aus Sicht des Gerichts möglicherweise auch der Bestellung eines Alleinvorerben als Nacherbenvollstrecker keine durchgreifenden Bedenken entgegenstünden, es diese Frage jedoch offenlassen konnte und – wohl auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts – wollte.
Bestätigt wurde diese Tendenz durch Beschluss vom 1.6.1989. Diesem Beschluss zufolge "können Mitvorerben zu Nacherbentestamentsvollstreckern nach § 2222 BGB ernannt werden und dieses Amt ausüben". Im konkreten Fall ging es sogar genau um einen Fall eines möglichen Interessenkonflikts: Die beiden Nacherbenvollstrecker, die zugleich die beiden Vorerben waren, haben namens der ungeborenen Nacherben gegenüber dem Grundbuchamt den Verzicht auf die Eintragung des Nacherbenvermerks im Grundbuch erklärt. Das Grundbuchamt wollte, unter anderem unter Verweis auf § 181 BGB, diesen Verzicht nicht vollziehen. Das BayObLG entschied jedoch, dass das GBA "an die Erklärung des Verzichts durch den Nacherbentestamentsvollstrecker (...) gebunden" sei. Zudem stellte das BayObLG in erfreulicher Klarheit fest, dass eine einseitige Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt per definitionem niemals ein In-Sich-Geschäft sein können: "Da die Beteiligten den Verzicht auf die Eintragung des Nacherbenvermerks nicht sich selbst gegenüber erklärt haben, sondern gegenüber dem GBA, stellt sich die Frage eines Verstoßes gegen § 181 BGB nicht." Wegen der für die Nacherben hieraus möglicherweise entstehenden Schäden bei einem gutgläubigen Erwerb durch Dritte verweist das BayObLG die Nacherben ausdrücklich auf (Schadensersatz-)Ansprüche gegen den Testamentsvollstrecker: "eine Überprüfung der Erklärung darauf, ob sie zweckmäßig ist und ordnungsgemäßer Wahrnehmung der Interessen des Nacherben entspricht, steht dem GBA nicht zu (...), auch wenn der Testamentsvollstrecker dem Nacherben gegenüber für etwaige Verstöße gegen die Verpflichtung zu ordnungsgemäßer Verwaltung verantwortlich ist (§§ 2216 Abs. 1, 2219 BGB)."