1. ErbStG 1906 und ErbStG 1919
Das in einem Stiftungsgeschäft unter Lebenden vom Stifter zugesicherte und auf die Stiftung übergegangene Vermögen wurde einer Schenkung gleichgestellt (§ 55 Abs. 3 ErbStG 1906, § 40 Abs. 2 Nr. 5 ErbStG 1919). Der Übergang von Vermögen von Todes wegen auf eine Stiftung war nicht eigens geregelt. Besonderheiten bestanden für Familienstiftungen. Was ihnen aufgrund eines Stiftungsgeschäfts von Todes wegen oder unter Lebenden anfiel, war befreit (§§ 11 Nr. 5, 55 Abs. 1 und 33 Nr. 5 ErbStG 1906; § 33 Nr. 5 ErbStG 1919). Bezüge aus Familienstiftungen und der Erwerb des Stiftungsvermögens gehörten unter bestimmten Voraussetzungen zu den Erwerben von Todes wegen (§ 3 Nr. 2 ErbStG 1906, § 20 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG 1919). Zuwendungen, die gemeinnützigen Zwecken dienten, wurden unter weiteren Voraussetzungen ermäßigt besteuert (§ 12 Abs. I Nr. 3 ErbStG 1906, § 35 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG 1919). Steuerschuldner bei den Erwerben von Todes wegen und den Schenkungen war der Erwerber (§§ 31, 56 Abs. 1 ErbStG 1906). Bei den Zuwendungen zugunsten eines bestimmten Zwecks war Steuerschuldner der Beschwerte (§ 31 Abs. 1 S. 1 ErbStG 1906; §§ 30 Abs. 1 S. 1, 40 Abs. 1 S. 4 ErbStG 1919); er durfte die Steuer von der Zuwendung abziehen, wenn sich aus der Anordnung nichts anderes ergab (§ 31 Abs. 1 S. 2 ErbStG 1906; § 30 Abs. 1 S. 2 ErbStG 1919).
2. ErbStG 1922
In § 2 Abs. 2 Nr. 1 wurde der Übergang von Vermögen auf eine vom Erblasser angeordnete Stiftung ausdrücklich als Steuertatbestand genannt. Der Übergang von Vermögen aufgrund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden war in § 3 Abs. 1 Nr. 7 geregelt. Als Schenkung galt, was bei Aufhebung einer Stiftung erworben wurde (§ 3 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG). Die Besteuerung der Bezüge und des Vermögens aus Familienstiftungen wurde aufgegeben, daher auch die Befreiung der Zuwendungen an solche Stiftungen. Neu war § 9 Abs. 2, wonach sich die Steuerklasse nach dem Verwandtschaftsverhältnis des Erblassers oder Schenkers zu dem nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten bestimmte, wenn die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien gemacht war. Zuwendungen, die ausschließlich gemeinnützigen Zwecken dienten, wurden unter weiteren Voraussetzungen ermäßigt besteuert (§ 23 Abs. 1 Nr. 3). Das galt bei Gegenseitigkeit auch für ausländische Stiftungen (§ 23 Abs. 2). Erstmals wurde in § 1 Abs. 1 Nr. 3 die Zweckzuwendung als eigener Steuertatbestand genannt und in § 4 näher geregelt. Nach § 18 Abs. 2 war Steuerschuldner der Erwerber, bei einer Schenkung nunmehr auch der Schenker, und bei einer Zweckzuwendung der mit der Ausführung der Zuwendung Beschwerte.
3. Die Zeit danach
Die Regelungen des ErbStG 1922 zu den Stiftungen, den Zweckzuwendungen und der Steuerschuldnerschaft wurden bis heute im Wesentlichen beibehalten.
Hinzugekommen ist, dass das Vermögen einer Familienstiftung im Dreißigjahresrhythmus besteuert wird (§§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 2 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG); Steuerschuldner ist die Stiftung (§ 20 Abs. 1 S. 1 ErbStG). Außerdem ist neu, dass die Bildung oder Ausstattung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, besteuert wird (§§ 3 Abs. 2 Nr. 1 S. 2, 7 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 ErbStG); Erwerber und Steuerschuldner ist die Vermögensmasse (§ 20 Abs. 1 S. 2 ErbStG).