Leitsatz
Ist in einem notariellen Testament eine allgemeine Verwirkungsklausel enthalten oder kann die Verhaltensanforderung einer speziellen Verwirkungsklausel nicht eindeutig festgestellt werden, so ist für den Nachweis der eingetretenen Erbfolge regelmäßig ein Erbschein erforderlich.
BGH, Beschluss vom 2. Juni 2016 – V ZB 3/14
Sachverhalt
I. Die Eltern der Beteiligten errichteten am 8.3.1985 ein notariell beurkundetes gemeinschaftliches Testament, in welchem sie sich, soweit hier von Interesse, wechselseitig zu Alleinerben des Erstversterbenden und ihre drei Kinder, die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens, zu Schlusserben des Letztversterbenden einsetzten. Für die Schlusserbeneinsetzung enthält das Testament eine Teilungsanordnung, nach welcher die drei Beteiligten einzelne jeweils näher bezeichnete Grundstücke erhalten sollen, die Beteiligte zu 3 mit der Maßgabe, dass sie im Fall des Verkaufs oder einer Schenkung den Beteiligten zu 1 und 2 eine Ausgleichszahlung zu leisten hat. Am Schluss des Testaments heißt es:
"Derjenige, der mit diesen Testamentsbestimmungen nicht einverstanden ist, erhält nur den Pflichtteil unter Anrechnung dessen, was er bereits zu Lebzeiten von uns bekommen hat, wozu auch die Kosten einer Ausbildung, Ausstattung oder sonstige Zuwendungen gehören."
Der Vater der Beteiligten verstarb zuerst. Die Beteiligte zu 3 verlangte von der überlebenden Mutter den Pflichtteil und verständigte sich mit ihr 2012 in einem gerichtlichen Vergleich auf eine Zahlung von 10.500 EUR zum Ausgleich aller wechselseitigen Ansprüche aus Anlass des Todes des Vaters. Am 1.1.2013 verstarb die Mutter.
Nach Eröffnung des Testaments durch das Nachlassgericht hat das Grundbuchamt auf Antrag der Beteiligten zu 3 alle drei Beteiligten in Erbengemeinschaft als neue Eigentümer der Grundstücke ihrer Eltern in das Grundbuch eingetragen. Hiergegen haben die Beteiligten zu 1 und 2 mit der Begründung Widerspruch erhoben, die Beteiligte zu 3 habe ihr Erbrecht verloren, weil sie nach dem Tod des Vaters ihren Pflichtteil geltend gemacht habe. Das Grundbuchamt hat den Widerspruch zurückgewiesen. Die Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchten die Beteiligten zu 1 und 2 in erster Linie die Löschung der Eintragung der Beteiligten zu 3 als Miterbin, hilfsweise die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen diese Eintragung erreichen.
Aus den Gründen
II. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung unter anderem in ZEV 2014, 257 veröffentlicht worden ist, meint, die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs lägen nicht vor. Die vorgenommene Eintragung sei inhaltlich zulässig. Es könne dahinstehen, ob das Grundbuchamt gesetzliche Vorschriften verletzt habe. Eine etwaige Verletzung solcher Vorschriften habe jedenfalls nicht zur Unrichtigkeit des Grundbuchs geführt. Dafür müsse ebenfalls nicht entschieden werden, ob die Verwirkungsklausel am Ende des Testaments mangels Bestimmtheit unwirksam sei, wie das Grundbuchamt angenommen habe. Jedenfalls habe die Beteiligte zu 3 ihr Erbrecht nicht verwirkt. Nach der Klausel verliere sie es nur, wenn sie mit den testamentarischen Bestimmungen nicht einverstanden sei. Das Verlangen des Pflichtteils stelle kein Nichteinverständnis dar. Die Beteiligte zu 3 habe mit der Geltendmachung des Pflichtteils im Gegenteil ihre Enterbung durch das Testament anerkannt.
III. Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nur im Ergebnis stand.
1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts. Im Wege der Beschwerde kann die Löschung einer Eintragung nach § 71 Abs. 2 S. 2 iVm § 53 Abs. 1 S. 2 GBO nur verlangt werden, wenn die vorgenommene Eintragung inhaltlich unzulässig ist. Die Beschwerde gegen inhaltlich zulässige Eintragungen ist nach den genannten Vorschriften nur mit dem Antrag zulässig, gegen die Eintragung einen Amtswiderspruch einzutragen. Die hier vorgenommene Eintragung ist inhaltlich zulässig. Die Beschwerde kann deshalb nur Erfolg haben, wenn ein Amtswiderspruch einzutragen ist. Das setzt nach § 53 Abs. 1 S. 1 GBO voraus, dass das Grundbuchamt die Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen hat und das Grundbuch dadurch unrichtig (geworden) ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Das Grundbuchamt hat die Eintragung zwar unter Verletzung von § 35 GBO vorgenommen (unten 2.). Es kann aber nicht angenommen werden, dass das Grundbuch dadurch unrichtig geworden ist (unten 3.).
2. Das Grundbuchamt hätte die vorgenommene Eintragung nicht ohne Vorlage eines Erbscheins vornehmen dürfen.
a) Die Eintragung der Beteiligten als Eigentümer der Grundstücke ihrer Eltern setzte den Nachweis ihrer Erbfolge voraus. Der Nachweis der Erbfolge kann nach § 35 Abs. 1 S. 1 GBO im Grundsatz nur durch einen Erbschein geführt werden. Ergibt sich die Erbfolge nach dem eingetragenen Eigentümer aus einem notariell beurkundeten Testament, so genügt als Nachweis nach § 35 Abs. 1 S. 2 HS 1 GBO die Vorlage des Testaments und der Niederschrift über dessen Eröffnung durch d...