Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der gesamte Bereich der "Vorfragen" im Rahmen der Erbfolge weder von dieser Verordnung noch von anderen EU-Verordnungen erfasst wird. Die mit der einheitlichen erbrechtlichen Kollisionsnorm beabsichtigte Vereinheitlichung der Beurteilung der Erbfolge wird insbesondere dadurch beeinträchtigt werden, dass weder der Vorschlag noch ein anderer europäischer Rechtsakt Bestimmungen dazu enthält, ob und unter welchen Voraussetzungen eine gleichgeschlechtliche Ehe bzw. eingetragene Lebenspartnerschaft anzuerkennen ist. Eine in Deutschland eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft von zwei Italienern, die hier gem. Art. 17 b Abs. 1 S. 1 EGBGB anzuerkennen wäre, würde in einem anderen EU-Mitgliedsstaat u. U. nicht anerkennt werden und hätte damit dort auch keine erbrechtlichen Folgen. Gem. Art. 17 b Abs. 1 S. 2 EGBGB ist aus deutscher Sicht dann, wenn das Erbstatut ein gesetzliches Erbrecht des eingetragenen Lebenspartners nicht kennt, ersatzweise das deutsche Recht anzuwenden, wenn die Lebenspartnerschaft in Deutschland begründet worden ist. Da es sich hierbei um eine erbrechtlich zu qualifizierende Kollisionsnorm handelt, würde auch diese Regelung durch die Erbrechtsverordnung verdrängt werden. Werden also z. B. deutsche Lebenspartner aufgrund eines letzten gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland nach einem ausländischen Recht beerbt, entsteht also ein gesetzliches Erbrecht des eingetragenen Lebenspartners nur dann, wenn dieses ausländische Recht ein gesetzliches Erbrecht des eingetragenen Lebenspartners anerkennt. Möglicherweise wird der EuGH die Mitgliedsstaaten dazu verpflichten.
Offenbar ist beabsichtigt, dass die Erbrechtsordnung in Kraft treten soll, bevor auch eine entsprechende Verordnung über das eheliche Güterrecht in Kraft treten wird. Da in Deutschland das Ehegüterstatut gem. Art. 15 EGBGB vorrangig an die Staatsangehörigkeit angeknüpft wird, wird es hier künftig vermehrt zu Fällen kommen, in denen für die güterrechtlichen und die erbrechtlichen Folgen aus dem Erbfall unterschiedliche Rechtsordnungen gelten und daher praktische Probleme auftreten. Darüber hinaus wird die fehlende Vereinheitlichung dazu führen, dass z. B. die Anwendbarkeit von § 1371 BGB in verschiedenen Ländern unterschiedlich beurteilt werden wird, sodass trotz einheitlicher Kollisionsnormen zum Erbrecht in vielen Fällen eine einheitliche Bemessung der gesetzlichen Erbquote nicht erreicht werden kann.