Reinhold Geimer (unter Mitarbeit von Ewald Geimer und Gregor Geimer)
CXXVIII + 1.679 Seiten
Verlag Dr. Otto Schmidt, 6. Auflage 2009, 179 EUR
Als Benedikt XVI. vor einiger Zeit ein Buch über das Leben Jesu als Quintessenz seiner theologischen Studien vorlegte, wurde dieses Werk Pflichtlektüre eines jeden Theologen, der Gedanken und Ansichten des Papstes verstehen wollte. Reinhold Geimer ist nicht zuletzt durch seine Kommentierungen des internationalen Zivilprozessrechts im Zöller sowie in dem gemeinsam mit Rolf Schütze verfassten Kommentar zum Europäischen Zivilverfahrensrechts als führender Experte auf seinem Gebiet in Deutschland ausgewiesen. Mit der Neuauflage des angezeigten Titels zieht nun der "Papst des Internationalen Zivilprozessrechts" die Quintessenz aus seiner jahrzehntelangen leidenschaftlichen Beschäftigung mit dem internationalen Zivilprozessrecht. Ohne große Übertreibung kann man noch mehr als bei den Vorauflagen von der "Bibel" des internationalen Zivilprozessrechts sprechen.
Die einschlägigen Zeitschriften zur Praxis des Internationalen Privatrechts werden seit einigen Jahren zunehmend von Beiträgen zum Verfahrensrecht für grenzüberschreitende Verfahren dominiert. Dies zeigt auf, welches Gewicht den Fragen der internationalen Zuständigkeit, der Anerkennung ausländischer Entscheidungen und der Anerkennung inländischer Entscheidungen bei der Bearbeitung internationaler Fälle mittlerweile zukommt. Ein erfahrener Rechtsanwalt wird in einem grenzüberschreitenden Erbfall vor Formulierung einer Klage zunächst prüfen, in welchen Staaten die Gerichte ihre internationale Zuständigkeit bejahen werden und wo in welchen weiteren Staaten ein Urteil eines Gerichts vollstreckt werden könnte.
Die Aktivitäten der EU-Kommission und die Rechtsprechung des EuGH zu den einschlägigen Verordnungen der EU haben im Bereich des internationalen Zivilverfahrensrechts in den letzten Jahren zu tief greifenden Änderungen geführt. Das Handbuch von Geimer berücksichtigt sämtliche Neuerungen und führt zuverlässig in den aktuellen Rechtsstand ein. Das Handbuch ist in jeder Hinsicht so, wie man sich ein Handbuch wünscht: Die deutsche Literatur und Rechtsprechung wird nahezu vollständig ausgewertet und das Rechtsgebiet umfassend abgedeckt. Beeindruckend ist, in welchem Umfang auch ausländische Entwicklungen recherchiert und einbezogen werden. Neueste gesetzliche Änderungen – wie z. B. das Inkrafttreten des FamFG – sind eingearbeitet. Da es dem Autor stets gelingt, die allgemeinen zugrunde liegenden Grundsätze herauszuarbeiten, verliert sich die Darstellung nie in Einzelheiten. Vielmehr bleibt stets alles klar und verständlich. Nur die Betonung der allgemeinen Grundregeln vermag im Gewirr der Neuregelungen auf nationaler und europäischer Ebene eine dauerhafte Orientierung zu geben. Selbst bei Erläuterung grundsätzlicher Fragen wird aber immer die praktische Bedeutung erkennbar und eine Lösung angestrebt, die dem Ziel der Justizgewährleistung am nächsten kommt.
Von besonderem Interesse für den Erbrechtler und auch für "Einsteiger" in das internationale Zivilverfahrensrecht genüsslich zu lesen sind die Kapitel über die Durchführung von Verfahren mit Auslandsberührung in Deutschland, die Anwendung ausländischen Rechts durch die deutschen Gerichte (Rn 2570 und 2630) sowie das Forum Shopping samt den Abwehrstrategien dagegen (Rn 1095). Von zunehmender praktischer Bedeutung sind für Erbrechtler beispielsweise die Ausführungen über die Zustellung von Klagen und außergerichtlichen Schriftstücken (z. B. bei der Erklärung des Rücktritts vom Erbvertrag gegenüber einer ins Ausland verzogenen Person) und die Anerkennung ausländischer Scheidungsurteile (Rn 3015).
Nach alledem handelt es sich um ein Werk, das keiner Empfehlung bedarf: In seiner Art unübertroffen ist dieses Handbuch für jeden unverzichtbar, der mit Fragen des internationalen Zivilverfahrensrechts konfrontiert ist – sei es zum ersten Mal oder als Routinier.
6 ZErbs = muss man haben
Dr. Rembert Süß, Rechtsanwalt, Würzburg