Auch wenn die Versicherungsleistung dem unwiderruflich eingesetzten Bezugsberechtigten erst bei Eintritt des Versicherungsfalls zufällt, muss berücksichtigt werden, dass der Begünstigte den Anspruch auf die Versicherungsleistung bereits zu einem früheren Zeitpunkt – wenn auch in noch bedingter Form – erwirbt und daher die maßgebliche Entreicherung des Erblassers nicht – jedenfalls nicht vollständig – erst in der letzten juristischen Sekunde vor dem Erbfall stattfinden kann (vgl. oben III 2 a aa). Die vom Erblasser aufgegebenen Ansprüche müssen aber jeweils zu dem Zeitpunkt bewertet werden, zu dem sie zuletzt in dessen Vermögen standen. Für die Bewertung dürften dieselben Vorgaben heranzuziehen sein, die der Bundesgerichtshof für die widerrufliche Bezugsrechtsbestimmung aufgestellt hat.
Der Rechtserwerb des Begünstigten kann durch eine Umgestaltung des Versicherungsvertrags in einen Vertrag zugunsten Dritter oder durch Abtretung (§ 398 BGB) erfolgen. Wird der Versicherungsvertrag in einen Vertrag zugunsten Dritter umgestaltet, muss – entsprechend der neuen Rechtsprechung – die vom Erblasser dabei aufgegebene Rechtsposition bewertet werden. Da der Begünstigte bei einer unwiderruflichen Bezugsrechtsbestimmung zunächst nur in Form eines aufschiebend bedingten Anspruchs erwirbt, wird der Wert von Entreicherungsgegenstand (vom Versicherungsnehmer-Erblasser aufgegebene eigene Ansprüche) und Bereicherungsgegenstand (vom Begünstigten erworbene Ansprüche) allerdings in der Regel gleich sein. Werden Ansprüche – insbesondere der Anspruch auf den Rückkaufswert – abgetreten, ist ganz regulär auf den Wert im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs abzustellen. Für die Wertbemessung kommt es im Regelfall somit nicht darauf an, wie die Einräumung der Ansprüche im Einzelnen konstruiert wird, da vor Eintritt des Versicherungsfalls – unabhängig davon, ob ein derivativer oder ein originärer Rechtserwerb stattfindet – die Werte von Entreicherungsgegenstand und Bereicherungsgegenstand regelmäßig gleich sind.
Gibt der Versicherungsnehmer-Erblasser seinen Anspruch auf die Versicherungsleistung preis und tritt er den Anspruch auf den Rückkaufswert ab, wird daher regelmäßig zunächst der Rückkaufswert im Zeitpunkt des Anspruchserwerbs des Bezugsberechtigten entscheidend sein, wenn der Pflichtteilsberechtigte keinen höheren Veräußerungswert nachweisen kann.
Sodann ist § 2325 Abs. 2 BGB zu beachten. Sind die von einem für den Todesfall Begünstigten erworbenen Rechte bei Eintritt des Erbfalls weniger wert als bei ihrem Erwerb, so ist der niedrigere Wert bei Eintritt des Erbfalls entscheidend. Auch bei einem für den Erlebensfall als bezugsberechtigt Benannten kommt es entweder auf den Zeitpunkt des Erwerbs oder den des Erbfalls an, nicht etwa auf den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls.
Wird dem unwiderruflich Begünstigten nur der Anspruch auf eine der beiden Versicherungsleistungen (etwa die Todesfallleistung) eingeräumt, nicht aber der Anspruch auf die andere (etwa die Erlebensfallleistung), steht bei seinem Rechtserwerb noch nicht fest, ob er später in den Genuss der Versicherungsleistung kommen wird (vgl. unter III 2 a cc (2)(a)). Man könnte daran denken, diese Ungewissheit durch einen Abschlag bei der Bewertung seiner Rechte zu berücksichtigen.