Der Bundesgerichtshof hat die bisherige Prämienrechtsprechung aufgegeben und gleichzeitig der Übertragung der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats auf das Erbrecht eine Absage erteilt. Vielmehr hat er für die Berechnung des Ergänzungspflichtteils auf den Liquidationswert der eigenen Rechte des Erblassers aus dem Versicherungsvertrag in der letzten Sekunde seines Lebens abgestellt. Regelmäßig ist dies der Rückkaufswert oder – wenn der Pflichtteilsberechtigte einen solchen nachweisen kann – ein nach objektiven Kriterien zu bemessender höherer Wert, den der Erblasser durch eine Veräußerung seiner Rechte an einen Dritten, etwa einen gewerblichen Aufkäufer, hätte erzielen können.
Die Entscheidung legt die gefestigte Senatsrechtsprechung zugrunde, nach der der nur widerruflich als bezugsberechtigt Bezeichnete zunächst keinerlei Rechtsposition erwirbt, wohingegen alle Rechte aus dem Versicherungsvertrag allein beim Versicherungsnehmer-Erblasser verbleiben. Erst mit dessen Tod erwirbt der Bezugsberechtigte einen originären Anspruch gegen den Versicherer auf Zahlung der Todesfallleistung, während die bisher bestehenden Rechte des Versicherungsnehmer-Erblassers untergehen. Während im Valutaverhältnis die gesamte Versicherungsleistung den Schenkungsgegenstand ausmacht, ist wegen der Ausgestaltung der Schenkung als mittelbare Zuwendung und des für § 2325 Abs. 1 BGB geltenden Kausalitätsgebots für den Pflichtteilsergänzungsanspruch der Wert der vom Versicherungsnehmer-Erblasser preisgegebenen Ansprüche in der letzten juristischen Sekunde seines Lebens, höchstens jedoch die Versicherungsleistung, entscheidend.
Im Kern fragt der Bundesgerichtshof somit danach, auf welchen noch zu seinen Lebzeiten selbst realisierbaren Wert der Erblasser zugunsten des Anspruchserwerbs des Bezugsberechtigten verzichtet hat, indem er die einmal verfügte Einsetzung des Bezugsberechtigten nicht – was er jederzeit hätte tun können – rückgängig gemacht, sondern den Dingen ihren Lauf gelassen hat. Auf die gesamte Versicherungsleistung hätte der Erblasser selbst nicht zugreifen können, sondern nur auf Teile davon, nämlich über die Kündigung des Vertrags auf den Rückkaufswert oder dadurch, dass er seine bestehenden, wenn auch aufschiebend bedingten Ansprüche gegen Entgelt einem Dritten überträgt. Da nur der dabei objektiv erzielbare Wert im lebzeitigen Vermögen vorhanden war, hat der Pflichtteilsberechtigte auch nur insoweit ein Teilhaberecht.