aa) In der einfachsten Gestaltungsmöglichkeit hat der Erblasser weder für den Todes- noch den Erlebensfall eine Bezugsrechtsbestimmung getroffen. Tritt der Todesfall ein ([Ek]Tk1), fällt die Versicherungsleistung in den Nachlass. Der Pflichtteilsberechtigte profitiert über den regulären Pflichtteilsanspruch aus § 2303 BGB. Tritt der Erlebensfall ein (Ek[Tk]2), fällt die Versicherungsleistung zunächst in das Vermögen des Erblassers. Ist sie beim Erbfall dort noch vorhanden, profitiert der Pflichtteilsberechtigte über § 2303 BGB, verschenkt sie der Erblasser innerhalb der Fristen des § 2325 Abs. 3 BGB, kommt insoweit ein Anspruch aus § 2325 Abs. 1 BGB nach allgemeinen Grundsätzen in Betracht.
bb) Die neue Rechtsprechung behandelt den Fall, dass der Erblasser für den Todesfall einen Bezugsberechtigten widerruflich einsetzt, dagegen für den Erlebensfall keine Bezugsberechtigung bestimmt. Tritt der Todesfall ein ([Ek]Tw3), ist der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach der neuen Rechtsprechung wie oben unter II 2 b erläutert zu bestimmen. Tritt der Erlebensfall ein (Ek[Tw]4), war die widerrufliche Bezugsrechtseinräumung im Ergebnis wirkungslos, die aufschiebende Bedingung für die Umgestaltung in einen Vertrag zugunsten Dritter kann nicht mehr eintreten. Wie im Fall Ek[Tk]2 fällt die Versicherungsleistung in das Vermögen des Erblassers.
cc) In einer weiteren häufigen Konstellation wird für den Todesfall ein Bezugsberechtigter unwiderruflich eingesetzt, für den Erlebensfall keiner. Der Rechtserwerb des Bezugsberechtigten tritt dann regelmäßig schon zu Lebzeiten ein. Bei Eintritt des Todesfalls ([Ek]Tu5) fällt (der Anspruch auf) die Versicherungsleistung demgemäß nicht in den Nachlass, weshalb ein Anspruch aus § 2325 Abs. 1 BGB bestehen kann. Dessen Berechnung ist gegenüber dem Fall einer widerruflichen Bezugsrechtsbestimmung ([Ek]Tw3) allerdings dadurch erschwert, dass der Bezugsberechtigte schon zu Lebzeiten des Versicherungsnehmer-Erblassers Rechte erworben hat, die durch die weitere Zahlung der Prämien bis zum Erbfall in ihrem Wert noch gesteigert wurden. Hierauf soll unten (unter 2 a) näher eingegangen werden. Bei Eintritt des Erlebensfalls (Ek[Tu]6) fällt die Versicherungsleistung in das Vermögen des Versicherungsnehmer-Erblassers. Die unwiderrufliche Bezugsrechtsbestimmung war – trotz Rechtserwerbs des unwiderruflich Bestimmten – im Ergebnis wertlos.
dd) Der Erblasser kann für den Todesfall keine, für den Erlebensfall eine widerrufliche Bezugsrechtsbestimmung vornehmen. Im Todesfall ([Ew]Tk7) wirkt sich diese nicht aus und die Versicherungsleistung fällt – mit denselben Konsequenzen wie im Fall [Ek]Tk1 – in den Nachlass. Tritt der Erlebensfall ein (Ew[Tk]8), erwirbt der Bezugsberechtigte – entsprechend der oben unter II 2 a dargestellten Konstruktion – einen originären Anspruch auf die Erlebensfallleistung. Stirbt der Erblasser anschließend innerhalb der Fristen des § 2325 Abs. 3 BGB, muss für den dann in Betracht kommenden Pflichtteilsergänzungsanspruch in entsprechender Anwendung der neuen Rechtsprechung der vom Erblasser in der letzten juristischen Sekunde vor dem Eintritt des Erlebensfalls realisierbare Wert seiner Ansprüche entscheidend sein. Dazu näher unter III 2 b.
ee) Ist für beide Versicherungsfälle jeweils ein Bezugsberechtigter widerruflich bestimmt, erwirbt im Todesfall der für den einen, im Erlebensfall der für den anderen Versicherungsfall Bezugsberechtigte jeweils originär. Im Todesfall ([Ew]Tw9) richtet sich die Berechnung des Anspruchs aus § 2325 Abs. 1 BGB wie im Fall [Ek]Tw3 nach der neuen Rechtsprechung, im Erlebensfall (Ew[Tw]10) ist diese – wie im Fall Ew[Tk]8 – entsprechend anzuwenden. Die für den jeweils anderen, nicht eintretenden widerruflich getroffene Bestimmung wirkt sich nicht aus.
ff) Die Todesfallberechtigung kann unwiderruflich, die Erlebensfallberechtigung widerruflich bestimmt sein. Im Todesfall ([Ew]Tu11) wirkt sich die widerruflich bestimmte Erlebensfallberechtigung nicht aus, weshalb sich die Rechtslage wie im Fall [Ek]Tu5 gestaltet. Im Erlebensfall (Ew[Tu]12) muss – wie im Fall Ew[Tk]8 – der Wert der Rechte des Erblassers in der letzten juristischen Sekunde vor Eintritt des Erlebensfalls bestimmt werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass dem Erblasser zu diesem Zeitpunkt in der Regel nicht mehr alle Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag zustanden, da der unwiderruflich für den Todesfall Begünstigte schon zuvor Rechte erworben hatte. Dieser Fall soll unter III 2 c diskutiert werden.
gg) Wird für den Todesfall keine, für den Erlebensfall eine Bezugsrechtsbestimmung unwiderruflich getroffen, fällt die Versicherungsleistung im Todesfall ([Eu]Tk13) in den Nachlass mit der Folge des § 2303 BGB. Der Rechtserwerb des für den Erlebensfall unwiderruflich Begünstigten erweist sich spätestens im Zeitpunkt des Erbfalls als wertlos. Im Erlebensfall (Eu[Tk]14) muss für einen eventuellen Anspruch aus § 2325 Abs. 1 BGB untersucht werden, welche Werte der Erblasser zu welchem...