a) Begriffsklärung
Als Erstes sollten Sie Ihrer Mandantschaft erklären, was genau der Begriff "Mediation" bedeutet. Bislang fand sich der Begriff zwar mehrfach im deutschen Recht (z. B. §§ 135, 156 FamFG; § 276 Abs. 5 ZPO), es fehlte aber eine Legaldefinition. Auf der EU-Ebene ist der Begriff "Mediation" inzwischen definiert worden, und zwar in der sogenannten Mediations-Richtlinie vom 23.4.2008. Der daraus resultierende Gesetzesentwurf der BReg für ein MediationsG definiert den Begriff "Mediation", seine verschiedenen Formen und die Rolle des Mediators unter § 1 wie folgt:
"(1) Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mit Hilfe eines Mediators freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben. Die Mediation kann durchgeführt werden "
1. unabhängig von einem Gerichtsverfahren (außergerichtliche Mediation),
2. während eines Gerichtsverfahrens außerhalb des Gerichts (gerichtsnahe Mediation)
oder
3. innerhalb des Gerichts von einem nicht entscheidungsbefugten Richter (richterliche Mediation).
(2) Ein Mediator ist eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die die Parteien durch die Mediation führt.“
b) Prinzipien der Mediation sowie Vor- und Nachteile
Einzelne Prinzipien und die sich daraus ergebenden Vor- und Nachteile der Mediation sollten Sie dem Mandanten in eigenen Worten näher erläutern:
"Freiwillig" meint, dass alle Beteiligten die Freiheit haben, sowohl an der Mediation teilzunehmen als auch jederzeit aus dem Verfahren auszusteigen. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu staatlichen Gerichtsverfahrens. Eine so gefundene Lösung wird eher akzeptiert und ist daher in der Praxis besser durchsetzbar ist als eine unter Zwang gefundene Lösung.
Der Begriff "eigenverantwortlich" bedeutet, dass die Verantwortung für die Lösung des Verfahrens ausschließlich bei den Parteien liegt. Insbesondere hat der Mediator keine Entscheidungsbefugnis. Er strukturiert nur das Verfahren. Seine Aufgabe ist es zudem, die Kommunikation zwischen den Parteien wiederherzustellen oder auf eine gemeinsame Ebene zu bringen, um so Lösungen für die Zukunft zu entwickeln. Dabei muss er allen Parteien gleichermaßen neutral und zugewandt sein.
Das Ergebnis der Verhandlung ist inhaltlich offen. Hier liegt ein wesentlicher Unterschied (und Vorteil!) gegenüber dem klassischen Gerichtsverfahren. Dort ist eine inhaltliche Entscheidung nur im Rahmen der Anspruchsgrundlagen möglich. Dadurch sind die Lösungsmöglichkeiten eines Konflikts deutlich limitiert.
So kann im vorliegenden Beispiel qua Gesetz vom Beklagten nur Zahlung in Geld und in Höhe der Pflichtteilsquote verlangt werden. Das Ergebnis eines Mediationsverfahrens ist dagegen nicht an Anspruchsgrundlagen gebunden, sondern ermöglicht individuell angepasste Lösungen (z. B. T erhält statt Geld eine Immobilie). Ähnliche Wege kennen Sie ja aus Vergleichsverhandlungen vor Gericht.
Eine Garantie für ein Ergebnis gibt es allerdings nicht. Investierte Mediationskosten können daher umsonst sein. Dieser scheinbare Nachteil bedeutet gleichzeitig einen gewissen Druck auf die Parteien, durch ein akzeptables Ergebnis eine Fehlinvestition zu vermeiden.
c) Was ist das Besondere am Mediationsverfahren?
Sie sollten klarstellen, dass es sich bei der Mediation um ein professionelles Konfliktlösungsverfahren handelt, das eine gute Alternative zu einer Entscheidung per Urteil darstellen kann. Dies rührt daher, dass der Lösungsansatz ein völlig anderer ist, als bei der klassischen Gerichtsbarkeit. Dort gibt das Gesetz die Garantie einer Entscheidung nach Recht und Gesetz – allerdings nur innerhalb der gesetzlichen Schranken.
In einem Mediationsverfahren gibt es nur wenige Verfahrensvorgaben. Inhaltlich geht es im Wesentlichen um die Umformulierung von Positionen in Interessen. Roger Fisher und William Ury haben als Erste die Begriffe unterschieden und so eine Hauptursache von Konflikten herausgearbeitet. Was bedeutet das im Einzelnen?
Ein Konflikt zwischen mehreren Parteien entsteht, wenn zumindest eine Seite mit ihrer Situation unzufrieden ist und diese Unzufriedenheit Auswirkungen auf die andere Seite hat. Aus einer solchen Unzufriedenheit entstehen Wünsche, Bedürfnisse oder Ängste beim Einzelnen. Der Betroffene versucht diesen Zustand zu ändern und überlegt sich Lösungsmöglichkeiten. Je länger er darüber nachsinnt, umso mehr vereinfacht er das Problem, sodass er im Laufe der Zeit ein einziges Lösungsmuster entwickelt (Position). Haft hat treffend Positionen als fiktive Geschichten beschrieben, die sich die Parteien jeweils als Lösung eines aktuellen Problems wünschen. Typischerweise werden nur von der anderen Seite Taten oder Zugeständnisse zur Lösung des Problems verlangt ("Du machst …"; "Du zahlst …").
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