Im Hinblick auf die Erweiterung des geschützten Personenkreises in § 2333 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB und die damit verbundenen Unsicherheiten sind in der Literatur vereinzelt Bedenken gegen die Verfassungskonformität dieser Entziehungsgründe geäußert worden. Erstens stünde der Begriff der "ähnlich nahe stehenden Person" und damit die Vorschrift insgesamt in Konflikt mit dem aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitenden Bestimmtheitsgebot (Art. 20 GG). Zweitens könnten auch Angriffe auf eine familienfremde Person unter § 2333 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB subsumiert werden, sodass die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 iVm Art. 6 Abs. 1 GG abgesicherte, grundsätzlich unentziehbare Mindestpartizipation der nahen Familienangehörigen am Nachlass auch aufgrund von Vorfällen entziehbar sei, die nicht in der Familie selbst wurzeln. Auf diese Weise könne es zu einer verfassungsrechtlich bedenklichen Verschiebung des Verhältnisses zwischen familiärer Bindung und Testierfreiheit zulasten der familiären Solidarität kommen.
Schließt man sich diesen verfassungsrechtlichen Bedenken in Bezug auf den zweiten Aspekt an, eröffnet sich u.E. aber die vorgelagerte Frage nach der Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung des Begriffs der "nahe stehenden Person" in dem Sinne, dass ausschließlich Familienangehörige und nicht etwa auch familienfremde Personen erfasst werden. Wenngleich dem gesetzgeberischen Willen entgegenstehend, würde sich ein solches Normverständnis noch innerhalb der Wortlautgrenze bewegen. Diese Überlegungen setzen indes voraus, dass es einer verfassungskonformen Auslegung überhaupt bedarf. Hieran bestehen jedoch Zweifel. So kommt es keinesfalls zu einer Entkoppelung des Pflichtteilsrechts vom Schutz der Familie. Aufgrund der geforderten sehr engen persönlichen Beziehung ("ähnlich nahe stehend") zum Erblasser stellt sich der schwere Angriff des Pflichtteilsberechtigten stets zugleich als ein Angriff gerade auch gegen diesen dar. Die Pflichtteilsentziehung fußt daher auf einem schwerwiegenden Solidaritätsbruch mit dem Erblasser. Diesem ist es schlechthin nicht länger zumutbar, dem Pflichtteilsberechtigten einen Teil seines Vermögens zu hinterlassen. Die vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken in Bezug auf die Erweiterung der Pflichtteilsentziehungsgründe auf familienfremde Personen gehen daher fehl.
Dies gilt auch für den Einwand eines Verstoßes gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot. Dieses verlangt nur eine hinreichende Bestimmtheit idS, dass sich mithilfe juristischer Auslegungsmethoden eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Vorschrift ermitteln lässt. Mit Blick auf die obigen Ausführungen ist diesen Vorgaben genüge getan, wenngleich sich Schwierigkeiten bei der rechtssicheren Bestimmung allgemein gültiger Kennzeichen nicht leugnen lassen. Bei dem Angegriffenen handelt es sich dann um eine "dem Erblasser ähnlich nahe stehende Person", wenn zwischen ihm und dem Erblasser eine der Partnerschaft oder Nachkommenschaft ähnliche Beziehung besteht, d.h. ein auf gewisse Dauer angelegtes, auf Gegenseitigkeit beruhendes intensives zwischenmenschliches Verhältnis, das Ausdruck gewandelter familiärer Strukturen ist.