Tagungsbericht zum 43. Berliner Steuergespräch
Einführung
Das 43. Berliner Steuergespräch – moderiert von Herrn Michael Wendt – bot ein Forum zum Austausch zwischen Steuerwissenschaft, Steuerpraxis und -politik, an dem neben den zwei Referenten Herrn MR Dr. Rolf Möhlenbrock und Herrn Prof. Dr. Holger Kahle auch Frau Laurence Simon-Michel, Herr Prof. Dr. Norbert Herzig sowie Herr Heinz Zourek mitwirkten.
Seit Ende 2010 haben Arbeitsgruppen der deutschen und französischen Regierung ihre Unternehmensbesteuerungssysteme analysiert und Möglichkeiten zu einer Angleichung gesucht. Die Ergebnisse dieser Bemühungen sind in einem Grünbuch beider Regierungen zusammengefasst worden, das im Februar 2012 der Öffentlichkeit vorgestellt worden ist. Nach einer nun breiteren öffentlichen Diskussion sollen im Jahr 2013 in beiden Staaten gesetzgeberische Schritte zur Zusammenführung der Unternehmensbesteuerung unternommen werden. Die deutsch-französische Initiative korrespondiert mit den schon seit Längerem auf Betreiben der EU-Kommission bestehenden Planungen zu einer Harmonisierung direkter Steuern in Europa, beginnend mit der Schaffung einer einheitlichen ertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage, der common cosolidated corporate tax base (CCCTB) bzw. Gemeinsamen Konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB).
A. Vorträge
I. Grünbuch als Schwungrad für europäische Steuerreformbemühungen
Dr. Möhlenbrock präsentierte die im Rahmen des Grünbuchs entwickelten Konvergenzmaßnahmen zur Angleichung der Unternehmensbesteuerung in Deutschland und Frankreich und untersuchte ihre Signalwirkungen für die europäische Steuerpolitik.
Basis der deutsch-französischen Initiative sei eine Erklärung von Bundeskanzlerin Merkel und dem ehemaligen Staatspräsidenten Sarkozy vom 16. August 2011 gewesen, nach der sich beide Staaten verständigt hätten, einen Vorschlag für eine gemeinsame Unternehmenssteuer zu erarbeiten. Die hierzu gegründete Arbeitsgruppe habe erste Vorschläge zu möglichen Konvergenzmaßnahmen in einem "Grünbuch der Deutsch-Französischen Zusammenarbeit über Konvergenzpunkte bei der Unternehmensbesteuerung" am 6. Februar 2012 vorgelegt.
Deutschland strebe im Bereich der Gruppenbesteuerung eine Anpassung an die französische Rechtslage an, indem eine Abschaffung des Erfordernisses eines Gewinnabführungsvertrags und eine Anhebung der Mindestbeteiligungsquote für eine deutsche Gruppenbesteuerung in Betracht gezogen würden. Weitere Maßnahmen seien im Hinblick auf das deutsche Verlustabzugsregime vorgesehen. So erwäge das Grünbuch – entsprechend der französischen Rechtslage – beim Verlustrücktrag eine Anhebung desselben auf ebenfalls 1 Mio. EUR.
Eine vergleichbare Steuerbelastung in beiden Staaten zu erreichen, sei ein besonderes Anliegen des Grünbuchs. Maßgebende Bedeutung komme hierbei dem Körperschaftsteuersatz zu. Dieser sei in Frankreich mit derzeit ca. 34 % weitaus höher als der deutsche Körperschaftsteuersatz von 15 %, weshalb Frankreich gefordert sei, die Steuerbelastung anzupassen. Frankreich bekenne sich dazu, dass Modifikationen bei der Abziehbarkeit von Darlehenszinsen erforderlich seien. In diesem Zusammenhang sei die in Deutschland praktizierte Zinsschranke auf das Interesse der französischen Kollegen gestoßen. Einigkeit herrsche darüber hinaus darüber, dass die Verlustnutzung und damit einhergehend auch die Abschreibungsregelungen überarbeitet werden müssten, wobei Frankreich eine Abschaffung der degressiven AfA anstrebe.
Auf Basis dieser Konvergenzmaßnahmen sei schließlich der 12-Punkte-Plan der Koalitionsfraktionen der CDU/CSU/FDP zur weiteren Modernisierung des Unternehmenssteuerrechts entstanden, der ab dem Jahr 2013 schrittweise in nationales Recht umgesetzt werden solle.
II. Grünbuch als neuer Anstoß für die (C)CCTB?
Zur Frage, ob und in welcher Form sich die angestrebte Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung zwischen Deutschland und Frankreich für das Projekt der Einführung einer GKKB auswirken könnte, betonte Prof. Kahle, dass es schon als großer Erfolg zu werten sei, wenn innerhalb der EU eine Harmonisierung der Regelungen zur Gewinnermittlung erreicht werden könnte.
Angesichts der Unterschiede zwischen den Gewinnermittlungsvorschriften der deutschen und französischen Rechtsordnung sei allerdings zweifelhaft, welchen Beitrag das Grünbuch leiste, um eine Harmonisierung der Gewinnermittlungsvorschriften zwischen Deutschland und Frankreich zu erreic...