Leitsatz
1. Die erbrechtlichen Verhältnisse eines ohne Hinterlassen einer letztwilligen Verfügung in Deutschland verstorbenen türkischen Staatsangehörigen richten sich nach Ziff. 14 der Anlage zu Art. 20 des Konsularvertrags zwischen der Türkischen Republik und dem Deutschen Reich vom 28. Mai 1929.
2. Hat der Erblasser im Inland unbewegliches Vermögen hinterlassen, so ist die Erbfolge nach deutschem Recht zu beurteilen.
3. Findet auf die güterrechtlichen Verhältnisse des Erblassers und seiner überlebenden Ehefrau ebenfalls deutsches Recht Anwendung (Art. 15 Abs. 1 iVm Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB), so beträgt gemäß § 1931 Abs. 1, 3 iVm § 1371 Abs. 1 BGB der Anteil der Ehefrau an dem unbeweglichen Vermögen neben Abkömmlingen des Erblassers 1/2. Auf die Frage der international-privatrechtlichen Qualifikation des § 1371 Abs. 1 BGB kommt es in einem derartigen Fall nicht an.
BGH, Beschluss vom 12. September 2012 – IV ZB 12/12
Sachverhalt
Der zwischen dem 26. und 27. Dezember 2009 verstorbene Erblasser war türkischer Staatsangehöriger und lebte seit 1964 in Deutschland. Die Beteiligten zu 2 und 3 sind seine Töchter aus erster Ehe. Mit der Beteiligten zu 1 schloss er am 28. Januar 1991 in K. die Ehe und lebte mit ihr dort bis zu seinem Tod. Der Erblasser hinterließ keine letztwillige Verfügung. In den Nachlass fallen unter anderem zwei Eigentumswohnungen in K.
Die Beteiligte zu 1 hat zunächst am 10. Dezember 2010 beim Amtsgericht Köln die Erteilung eines gemeinschaftlichen auf den im Inland befindlichen Nachlass beschränkten Erbscheins beantragt, der sie zu 1/4 und die Beteiligten zu 2 und 3 zu je 3/8 als Erben ausweisen sollte. Auf einen Hinweis des Amtsgerichts, dass deutsches Güterrecht Anwendung finden könne, hat die Beteiligte zu 1 eine Erhöhung ihrer Erbquote auf 1/2 beantragt. Am 16. Februar 2011 hat das Amtsgericht einen gemeinschaftlichen Erbschein erteilt, wonach der Erblasser "kraft gesetzlichen türkischen Erbrechts und deutschen Güterrechts" von der Beteiligten zu 1 zu 1/2 sowie den Beteiligten zu 2 und 3 zu je 1/4 beerbt worden ist. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3 hat das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 5. August 2011 (ZEV 2012, 205) das Amtsgericht angewiesen, den Erbschein einzuziehen. Es ist davon ausgegangen, dass hinsichtlich des in Deutschland befindlichen unbeweglichen Vermögens deutsches Erb- und Güterrecht Anwendung finde, sodass die Erbquote der Beteiligten zu 1 sich auf 1/2 und die der Beteiligten zu 2 und 3 auf je 1/4 belaufe. Bezüglich des beweglichen Vermögens fänden türkisches Erbrecht sowie deutsches Ehegüterrecht Anwendung. Hieraus ergebe sich eine Erbquote der Beteiligten zu 1 von 1/4 und der Beteiligten zu 2 und 3 von je 3/8. Eine Erhöhung der Erbquote der Beteiligten zu 1 um 1/4 gemäß § 1371 Abs. 1 BGB komme nicht in Betracht.
Nach Einziehung des Erbscheins hat die Beteiligte zu 1 die Erteilung eines neuen Erbscheins beantragt, der sie selbst als Erbin zu 1/2 für das in Deutschland befindliche unbewegliche Vermögen und zu 1/4 für das bewegliche Vermögen sowie die Beteiligten zu 2 und 3 als Erbinnen zu je 1/4 für das in Deutschland befindliche unbewegliche Vermögen und zu je 3/8 für das bewegliche Vermögen ausweist. Die Beteiligten zu 2 und 3 haben zuletzt beantragt, für das bewegliche und das unbewegliche Nachlassvermögen in Deutschland einen Erbschein zu erteilen, der die Beteiligte zu 1 als Erbin zu 1/4 sowie die Beteiligten zu 2 und 3 als Erbinnen zu je 3/8 ausweist.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 29. November 2011 die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 1 erforderlich sind, für festgestellt erachtet, die Erteilung eines entsprechenden Erbscheins angekündigt, die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses ausgesetzt und die Erteilung des Erbscheins bis zur Rechtskraft dieses Beschlusses zurückgestellt sowie den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 und 3 zurückgewiesen. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3 hat das Beschwerdegericht mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Am 6. März 2012 hat das Amtsgericht Köln einen gemeinschaftlichen auf den im Inland befindlichen Nachlass beschränkten Erbschein erteilt, wonach die Beteiligte zu 1 hinsichtlich des unbeweglichen Nachlasses Erbin zu 1/2 sowie die Beteiligten zu 2 und 3 Erbinnen zu je 1/4, hinsichtlich des beweglichen Nachlasses die Beteiligte zu 1 Erbin zu 1/4 sowie die Beteiligten zu 2 und 3 Erbinnen zu je 3/8 geworden sind.
Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 2 und 3 mit ihrer Rechtsbeschwerde. Sie erstreben einen Erbschein des Inhalts, dass der Erblasser aufgrund gesetzlicher Erbfolge von der Beteiligten zu 1 zu 1/4 und den Beteiligten zu 2 und 3 zu je 3/8 beerbt worden ist.
Aus den Gründen
Die gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthafte und auch nach § 71 FamFG im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Zutreffend hat das Beschwerdegericht angenommen, dass sich das maßgebliche Erbstatut nach dem Konsularvertrag zwischen der Türkischen Republik und dem Deutschen Reich vom 28. Mai 1929 (RGBl 1930 II S. ...