1. Leitgedanke und Funktion hausgesetzlicher Ordnungen
Leitgedanke und grundlegende Funktion hausgesetzlicher Ordnungen waren der Erhalt des Glanzes und der Position der Familie sowie die Erhaltung und Sicherung ihrer wirtschaftlichen Stellung. Dazu war es erforderlich, dass sich die einzelnen Familienmitglieder der Einheit des Hauses unterordneten. Hausgesetzliche Regelungen zur Familienorganisation und -strukturierung sollten Zersplitterungstendenzen der Familie und damit des Hausvermögens verhindern.
2. Inhalte
Die Autonomie des hohen Adels ermöglichte die Entwicklung von hausgesetzlichen Normen, die der juristisch verbindlichen, vorbeugenden Regelung von familien-, erb- und vermögensrechtlichen Fragen der (hoch)adligen Familie dienten. Primär bestimmten diese, wer zur Familie gehörte. Abkömmlinge oder Ehefrauen, die nicht den Vorgaben des Hausgesetzes entsprachen, konnten keine Familien- und Erbrechte für sich in Anspruch nehmen. Als Familienmitglied kam nur in Betracht, wer ebenbürtig war. Hinsichtlich der Abstammung und Vermählung orientierte sich das Ebenbürtigkeitsprinzip an der Zugehörigkeit der Herkunftsfamilie eines bestimmten Standes. Neben dem Ebenbürtigkeitsprinzip beinhalteten Hausgesetze oftmals auch Regelungen zum sog. Konsensprinzip, wonach die Vermählung eines Familienmitglieds der Zustimmung besonderer Teile der Familie, insbesondere dem sog. Chef des Hauses, bedurfte.
Um das Familienvermögen vor der Zersplitterung durch wiederholte Vererbung zu schützen und den Unterhalt adliger Familien (z. B. in Form sog. Apanagezahlungen) sicherzustellen, wurden zweckgebundene Hausvermögen gebildet. Anders als die Bindung des Vermögens durch das Rechtsinstitut des Fideikommiss beruhte die Bindung dieses Sondervermögens hochadliger Familien nicht auf einer rechtsgeschäftlichen Erklärung seitens des Stifters, sondern auf der Befugnis zur Selbstgesetzgebung, einem öffentlich-rechtlichen Vorrecht, auf das sich ein privatrechtliches Sonderrecht gründete. Das auf diese Weise zu einer rechtlichen Einheit verbundene erbrechtslose Familienvermögen ohne eigene Rechtspersönlichkeit wurde durch den Chef des Hauses, der besonderen Verfügungsbeschränkungen zugunsten der Gesamtfamilie unterlag, verwaltet und nach einer festgelegten Sukzessionsordnung (beim Hochadel der sog. Primogenitur) von Generation zu Generation ohne zeitliche Beschränkung weitergegeben.
3. Ende der Autonomie durch die Weimarer Reichsverfassung
Durch Art. 109 Abs. 3 S. 1 der Weimarer Reichsverfassung und entsprechende Reichs- und Landesgesetze wurden alle dem Adel bis dahin zustehenden öffentlich-rechtlichen Vorrechte und Nachteile der Geburt oder des Standes sowie alle damit verbundenen privatrechtlichen Sonderrechte abgeschafft. Ebenfalls wurden in der Weimarer Republik Fideikommisse und andere ähnlich gebundene Vermögen aufgelöst (Art. 155 Abs. 2 WRV).
Freilich führte diese Rechtssetzung keinesfalls dazu, dass Adelsfamilien heute ihre tradierten Vorstellungen zur Weitergabe des Familienvermögens, der Familienorganisation und -strukturierung vollständig aufgegeben hätten. Ob sich diese Vorstellungen in Gestalt moderner hausgesetzlicher Ordnungen de lege lata umsetzen lassen, ist eine Frage, der im Folgenden nachgegangen wird. Neben gesellschafts- und stiftungsrechtlichen Gestaltungsalternativen stehen insbesondere auch letztwillige Verfügungen von Todes wegen grundsätzlich zur Etablierung einer modernen hausgesetzlichen Ordnung bereit. In der Literatur wird insoweit von einer erbrechtlichen Ersatzlösung gesprochen.