Fall 3 Erblasser E hat seine Tochter T zur alleinigen nicht befreiten Vorerbin eingesetzt. Als Nacherben auf den Tod der Vorerbin hat E seinen Enkelsohn S eingesetzt und zu Ersatznacherben die weiteren Abkömmlinge der T zu unter sich gleichen Stammanteilen entsprechend der gesetzlichen Erbfolge. Im Grundbuch ist ein dementsprechender Nacherbenvermerk eingetragen. Nach Ableben des E vereinbart T mit ihrem Sohn S zu notarieller Urkunde bezüglich des Wohnhauses, dass dieses nicht mehr der Nacherbenbindung unterliegen soll. Eine Gegenleistung wird nicht vereinbart. In der Urkunde ist mit dem Antrag auf Eigentumsumschreibung der Antrag auf Löschung des Nacherbenvermerks verbunden. Das Grundbuchamt moniert, dass die Löschung des Nacherbenvermerks vor Eintritt des Nacherbfalls nur stattfinden könne, wenn sie vom Nacherben und allen Ersatznacherben bewilligt sei. Daher müssten alle Ersatznacherben eine Bewilligung zur Löschung des Nacherbenvermerks erteilen; für unbekannte Ersatznacherben habe ein Pfleger mit Genehmigung des Gerichts die Löschung zu bewilligen.
a) Aufhebung der Nacherbenbindung an Einzelgegenständen
In Anlehnung an die Möglichkeit der Heilung eines Mangels der Verfügungsbefugnis des Vorerben gemäß § 2113 BGB durch die Zustimmung des Nacherben wird nach der Rechtsprechung auch die Aufhebung der Nacherbenbindung in Bezug auf die Einzelgegenstände für möglich gehalten. Nach der Rechtsprechung kann eine vertragliche Auflösung des zwischen dem Vor- und Nacherben bestehenden Rechtsverhältnisses vereinbart werden und dadurch ein Nachlassgegenstand aus dem durch die Vorerbschaft gebundenen Vermögen des Vorerben in dessen freies Vermögen überführt werden. Die dem Vorerben übertragenen Gegenstände scheiden aus dem Nachlass aus und werden damit von der Nacherbeneinsetzung nicht mehr erfasst. Hier bedarf das Verpflichtungsgeschäft keiner Form, es sei denn aufgrund besonderer Vorschriften (z. B. § 311 b Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 3 GmbHG). Nach dem BayObLG kommt dies einer Erbauseinandersetzung durch Übertragung entsprechend § 2042 BGB nahe, während das Schrifttum hinsichtlich des dinglichen Vollzugs teilweise eine formlose Freigabe entsprechend § 2217 BGB befürwortet.
b) Stellung der Ersatznacherben
Nach § 2113 Abs. 1 BGB ist die Verfügung des Vorerben über ein zur Erbschaft gehörendes Grundstück im Fall des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als es das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde. Dem Erwerber eines Grundstücks droht daher der Verlust desselben bei Eintritt der Nacherbfolge, da die Grundstücksübertragung mit absoluter Wirkung, auf die sich jeder berufen kann, unwirksam ist. Eine Beeinträchtigung des Nacherben wird anerkanntermaßen durch seine Zustimmung zu der Verfügung ausgeschlossen, sodass diese auch bei Eintritt des Nacherbfalls weiterhin wirksam bleibt. Die Zustimmung des Nacherben ist daher erforderlich bei entgeltlichen Grundstücksverfügungen, sofern keine Befreiung nach § 2136 BGB vorliegt. Sie ist in gleicher Weise erforderlich bei (auch nur teilweise) unentgeltlichen Verfügungen und bei Vereinbarungen zur Aufhebung der Nacherbenbindung gemäß lit. a). Nach hM ist nur die Zustimmung sämtlicher eingesetzter Nacherben erforderlich, nicht aber die Zustimmung etwaiger Ersatznacherben. Dies gilt hinsichtlich der Fälle der Aufhebung der Nacherbenbindung auch dann, wenn diese ohne Gegenleistung erfolgen soll.
Die Begründung für die Entbehrlichkeit der Zustimmung der Ersatznacherben veranschaulicht das OLG München in seiner Entscheidung vom 10.8.2012 nochmals wie folgt:
"Weil die gesetzlichen Bestimmungen zur Nacherbschaft keine Spezialregelungen zur Ersatzerbschaft enthalten, bemisst sich die Rechtsstellung des Ersatznacherben in erster Linie nach den §§ 2096–2099 BGB. Hiernach rückt der Ersatznacherbe erst mit dem Ersatzfall in die Rechtsstellung des Nacherben ein; er hat zuvor nicht die dem Nacherben zustehenden Rechte, insbesondere also auch nicht die Möglichkeit, Einfluss auf die Führung erbschaftlicher Geschäfte zu nehmen. Er ist lediglich Ersatzmann, der nur hilfsweise Berücksichtigung finden soll und dem deshalb keine mitentscheidende Anteilnahme zusteht. Seine Zustimmung zu Verfügungen über Nachlassgegenstände ist daher grundsätzlich nicht erforderlich (Heider, ZEV 1995, 1, 2). Rechtfertigen lässt sich dies aus der Überlegung, dass der Ersatznacherbe nur für einen Ausfall des eigentlich berufenen Nacherben bestimmt ist. Boykottieren kann der Ersatznacherbe deshalb nicht die Entscheidung von Vor- und Nacherbe als den beiden Hauptbedachten. Dies entspricht auch regelmäßig dem Erblasserwillen, weil andernfalls selbst unbekannte Ersatznacherben einverständliche Maßnahmen von Vo...