a) Anlass: Position der Finanzverwaltung
Deutsche Finanzverwaltungen vertreten stellenweise die Auffassung, dass Stiftungsleistungen, die von ausländischen Stiftungen an inländische Begünstigte ausgekehrt werden, nicht nur – wie bei einer inländischen Familienstiftung – mit Einkommensteuer gem. § 20 Abs. 1 Nr. 9, sondern zusätzlich auch mit einer Erbschaftsteuer gem. § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 2. Ts ErbStG belegt werden müssten.
b) Historischer Hintergrund: Vermeidung von Besteuerungslücken durch Trustgestaltungen
Mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 wurde die Norm des § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 ErbStG neu in das Erbschaftsteuergesetz eingefügt, die eine Schenkungsteuerpflicht "eines Erwerbes durch Zwischenberechtigte während des Bestehens der (ausländischen) Vermögensmasse" statuiert.
Nach der Entstehungsgeschichte dieser Rechtsvorschrift sollten mit dem Rechtsbegriff der "Vermögensmasse ausländischen Rechts" typische und in den anglo-amerikanischen Staaten gebräuchliche Formen des common law trust erfasst werden. Mit der Vorschrift sollte (und konnte später) verhindert werden, dass durch die Errichtung von sog. "Testamentstrusts", die nicht auf eine zügige Verteilung des Trustvermögens gerichtet waren, ansonsten erbschaftsteuerpflichtige Erwerbe für längere Zeit aufgeschoben werden. Die Einfügung der Vorschrift diente somit historisch dem Zweck, eine Besteuerungslücke im bis dahin bestehenden Erbschaftsteuerrecht zu füllen.
c) Sachverhaltsmässige Abgrenzung im Falle von Familienstiftungen
Bei der Errichtung einer steuerrechtlich intransparenten Auslandsstiftung unter Lebenden und auf den Tod und den "Betrieb" lagen und liegen die Dinge komplett anders, insbesondere lagen und liegen keine Besteuerungslücken im Vergleich zu der Besteuerung einer deutschen Familienstiftung vor.
Wird eine Stiftung unwiderruflich im EU-Ausland (z. B. Österreich) oder EWR-Ausland (z. B. Liechtenstein) errichtet, so wird gleich bei der Errichtung, wie bei einer deutschen Familienstiftung, hinsichtlich der gewidmeten Beträge die Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer fällig.
Der BFH hat im Rahmen von Rechtstypenvergleichen mehrfach festgestellt, dass liechtensteinische Stiftungen zivilrechtlich mit deutschen BGB Stiftungen vergleichbar sind. Dies dürfte auch für österreichische Privatstiftungen feststehen. Eine Vergleichbarkeit mit angloamerikanischen Truststrukturen – die mit der damaligen Gesetzesänderung durch § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 ErbStG erfasst werden sollten – besteht nicht: Sowohl österreichische als auch liechtensteinische Stiftungen haben – anders als Trusts – eine Rechtspersönlichkeit. Sie sind – wie deutsche Stiftungen und anders als Trusts – verselbständigte Zweckvermögen ohne Anteilseigner. Es gibt bei Stiftungen – anders als bei Trusts – kein "Billigkeitseigentum" der Stiftungsbegünstigten am Trustvermögen. Die Rechtsfigur der privatnützigen Auslandsstiftung kontinentaleuropäischer Rechtsordnungen ist damit – anders als der Trust – dem deutschen Rechtssystem nicht "fremd", sondern wohlbekannt.
Laufende Einkünfte deutscher Familienstiftungen werden nach der Errichtung lediglich auf der Ebene der Stiftung mit Körperschaft- und ggf. Gewerbesteuer, nicht aber auf der Ebene der Stiftungsbegünstigten mit Einkommensteuer belastet. Die deutsche Familienstiftung erzielt damit ohne Weiteres eine körperschaftliche Abschirmwirkung vom Stifter und den Begünstigten der Stiftung.
Damit Gleiches auch für Auslandsstiftungen gilt, müssen bereits heute hohe Anforderungen erfüllt werden. "Standardmässig" verweigert § 15 Abs. 1, 4 AStG Auslandsstiftungen und nahezu allen anderen Arten von ausländischen Vermögenmassen die (für deutsche Stiftungen selbstverständliche) steuerrechtliche Abschirmwirkung; stattdessen besteuert der deutsche Fiskus alle Stiftungserträge laufend auf der Ebene der in Deutschland ansässigen Begünstigten. Lediglich für Familienstiftungen in Österreich und Liechtenstein, nicht aber für Familienstiftungen in der Schweiz, kann und muss gem. § 15 Abs. 6 AStG ein Nachweis geführt werden, dass "das Stiftungsvermögen der Verfügungsmacht" des Stifters und der Begünstigten entzogen wurde, um diese laufende ertragsteuerliche Hinzurechnung der Stiftungseinkünfte zu den in Deutschland ansässigen Begünstigten zu verhindern. Die zusätzliche Besteuerung der Stiftungserträge im Sitzland der Stiftung bleibt hiervon unberührt; es kommt in diesen Fällen regelmässig zu einer Doppelbesteuerung. Die deutschen Anforderungen für die Erzielung einer "steuerlichen Intransparenz" sind damit für Stiftungen aus Österreich und Liechtenstein bereits hoch (und deutlich höher als für vergleichbare deutsche Stiftungen), für Stiftungen aus der Sc...