Der Kapitalisierungsfaktor setzt sich zusammen aus dem jährlichen Basiszinssatz und dem Zuschlag von 4,5 Prozent. Da die Änderung des Basiszinssatzes kritisiert wird, ist zudem die Frage naheliegend, warum der Gesetzgeber keine Anpassung des Zuschlags vorgenommen hat. Eine solche Angleichung wurde bisher aufgrund von fehlender Evidenz abgelehnt, könnte jedoch im Rahmen einer Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers hergestellt werden. Dies ist möglich, solange hierbei kein Widerspruch zu gesicherten empirischen Erkenntnissen vorliegt. Zu beachten ist, dass der Gesetzgeber den in § 203 Abs. 1 BewG vorgesehenen Zuschlag bewusst nicht als "Risikozuschlag" bezeichnet hat. Mit der Bezeichnung "Zuschlag" bringt der Gesetzgeber eine pauschale und einheitliche Berücksichtigung von maßgeblichen Aspekten zur Bildung des Kapitalisierungsfaktors zum Ausdruck. Eine branchenbezogene oder unternehmensspezifische Anpassung des Zuschlags könnte zu besseren Ergebnissen führen, eine starke Differenzierung kann die Vorteile der Vereinfachung des Verfahrens hingegen in das Gegenteil umkehren. Im Ergebnis wäre das Verfahren einer wesentlichen Komponente beraubt, nämlich des Anspruchs und der Fähigkeit, als Generalverfahren für eine Vielzahl von Fällen profan anwendbar zu sein. Problematisch ist vielmehr, dass die starre Festsetzung des Zuschlags den Gesamtzusammenhang zwischen Zins und Marktrisikoprämie außer Acht lässt. Die Höhe der Marktrisikoprämie müsse vom risikolosen Zinssatz abhängen und sich polar zu dessen Entwicklung verhalten. Ein Zuschlag von 4,5 Prozent wäre auf dem Jahresniveau 2008 mit Basiszinssatz von 4 Prozent sachgerecht zu rechtfertigen, nicht jedoch im Jahre 2016 mit einem Basiszinssatz von 1,1 Prozent. Die aktuelle Zinsentwicklung müsse infolgedessen zu einer Anpassung des Zuschlags auf etwa 7 Prozent führen. Im Widerspruch dazu sieht Anzinger die Anpassung des Zuschlags, allein zum Ausgleich sinkender Basiszinsen, als nicht gerechtfertigt. Diese Anpassung müsste sich auf Grundlage des CAPM herleiten lassen, was bisher nicht gelungen wäre. Somit wäre die allgemeine Marktrisikoprämie zutreffend gesetzlich typisiert. Zuschläge, um marktfernen, überhöhten Unternehmenswerten vorzubeugen, seien in Einzelfällen legitim. Der Gesetzgeber müsse sich dabei nicht zwangsweise auf empirische Erkenntnisse stützen, dürfe allerdings auch keine Zuschläge gegen vorhandene Erkenntnisse einführen. Anlass zur Sorge geben insbesondere die folgenden Aspekte: Zuschläge bei Einzelfällen bedürfen einer marktbezogenen Begründung und dürfen keinesfalls eine unbegründete Ungleichbehandlung verursachen. Es ist fraglich, ob der Gesetzgeber eine verfassungskonforme Begründung und Gestaltung des Kapitalisierungsfaktors kreieren konnte. An Bedeutung gewinnt ferner das Argument, dass ohne eine gesetzliche Berücksichtigung des Zusammenspiels von Basiszinssatz und Zuschlag die Werte des vereinfachten Ertragswertverfahrens zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führen könnten. Diese Überlegung könnte der Ausgangspunkt für eine jährliche Neufestsetzung des Zuschlags werden, welche in Analogie zum Basiszinssatz den aktuellen Umständen angepasst werden kann. Die Folgen wären aufseiten des Steuerzahlers durch Rechtssicherheit und aufseiten der Finanzverwaltung durch eingeräumte Flexibilität und Reaktionsvermögen zufriedenstellend, ohne dabei einen empirisch unwiderlegbaren Basiszinssatz zu missachten.