1. Basiszinssatz
Als Basiszinssatz wird die Rendite einer risikolosen Anlage auf dem Kapitalmarkt verstanden, welche durch die Deutsche Bundesbank ermittelt wird. Für das Jahr 2016 wurde ein Basiszins von 1,1 Prozent festgelegt. Folglich ergäbe sich ein Kapitalisierungsfaktor von 17,85. Mit Augenmerk auf die Herabsetzung des Kapitalisierungsfaktors auf 13,75 wird ein Basiszinssatz von 2,77 Prozent errechnet. Unter Berücksichtigung des historischen Zinsverlaufs wird der Basiszins somit fiktiv und marktunabhängig auf das Niveau von April 2014 gehoben. Zudem ermächtigte der Gesetzgeber das BMF, durch Rechtsverordnungen und mit Zustimmung des Bundesrats den Kapitalisierungsfaktor eigenständig an die Entwicklung der Zinsstrukturdaten anzupassen. Damit wird dem BMF ein Handlungsspielraum eingeräumt und die Orientierungsfunktion der Zinsstruktur von öffentlichen Anleihen abgeschwächt. Das Ziel, Unternehmen vor einer Überbewertung zu schützen, wurde anscheinend zunächst erreicht und das zukünftige Reaktionsvermögen der Finanzverwaltung durch eine flexible Anpassung des Kapitalisierungsfaktors gestärkt. Jedoch weist dieses Vorgehen einige Defizite auf. Erkis zufolge sei die Anpassung äußerst skeptisch zu betrachten. Zunächst sei der Umfang einer möglichen Überbewertung von Unternehmensanteilen bisher nicht evaluiert worden und die Überlagerung durch einen fingierten marktunabhängigen Basiszins mehr als fragwürdig. Zudem verhindere ein fester Zinskorridor ohne Marktbezug die verfassungsrechtlich ausdrücklich geforderte Zielgröße eines Annäherungswerts an den gemeinen Wert. Da es in der Praxis den einen gemeinen Wert für Unternehmen nicht gibt, fordert das Gesetz explizit die Annäherung, auch mittels verschiedener Bewertungsmethoden. Weicht das vereinfachte Ertragswertverfahren hierbei durch einen separaten Basiszinssatz von anderen Methoden deutlich ab, wird die Annäherung an einen gemeinen Wert verzerrt. Eine Festsetzung des Basiszinses ohne Berücksichtigung des Marktes und empirischer Befunde erlaubt die Ermittlung einer kaum nachvollziehbaren und methodisch fragwürdigen Renditeprognose. Wegweisender für die Ermittlung einer Bewertungsgrundlage wäre hierbei eine Glättung des Kapitalisierungsfaktors, mit Bezug auf die letzten drei Kalenderjahre. Auf diese Weise würde sich der Gesetzgeber auf empirische Befunde stützen, statt auf schlichte Annahmen.
2. Zuschlag
Der Kapitalisierungsfaktor setzt sich zusammen aus dem jährlichen Basiszinssatz und dem Zuschlag von 4,5 Prozent. Da die Änderung des Basiszinssatzes kritisiert wird, ist zudem die Frage naheliegend, warum der Gesetzgeber keine Anpassung des Zuschlags vorgenommen hat. Eine solche Angleichung wurde bisher aufgrund von fehlender Evidenz abgelehnt, könnte jedoch im Rahmen einer Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers hergestellt werden. Dies ist möglich, solange hierbei kein Widerspruch zu gesicherten empirischen Erkenntnissen vorliegt. Zu beachten ist, dass der Gesetzgeber den in § 203 Abs. 1 BewG vorgesehenen Zuschlag bewusst nicht als "Risikozuschlag" bezeichnet hat. Mit der Bezeichnung "Zuschlag" bringt der Gesetzgeber eine pauschale und einheitliche Berücksichtigung von maßgeblichen Aspekten zur Bildung des Kapitalisierungsfaktors zum Ausdruck. Eine branchenbezogene oder unternehmensspezifische Anpassung des Zuschlags könnte zu besseren Ergebnissen führen, eine starke Differenzierung kann die Vorteile der Vereinfachung des Verfahrens hingegen in das Gegenteil umkehren. Im Ergebnis wäre das Verfahren einer wesentlichen Komponente beraubt, nämlich des Anspruchs und der Fähigkeit, als Generalverfahren für eine Vielzahl von Fällen profan anwendbar zu sein. Problematisch ist vielmehr, dass die starre Festsetzung des Zuschlags den Gesamtzusammenhang zwischen Zins und Marktrisikoprämie außer Acht lässt. Die Höhe der Marktrisikoprämie müsse vom risikolosen Zinssatz abhängen und sich polar zu dessen Entwicklung verhalten. Ein Zuschlag von 4,5 Prozent wäre auf dem Jahresniveau 2008 mit Basiszinssatz von 4 Prozent sachgerecht zu rechtfertigen, nicht jedoch im Jahre 2016 mit einem Basiszinssatz von 1,1 Prozent. Die aktuelle Zinsentwicklung müsse infolgedessen zu einer Anpassung des Zuschlags auf etwa 7 Prozent führen. Im Widerspruch dazu sieht Anzinger die Anpassung des Zuschlags, allein zum Ausgleich sinkender Basiszinsen, als nicht gerechtfertigt. Diese Anpassung müsste sich auf Grundlage des CAPM herleiten lassen, was bisher nicht gelungen wäre. Somit wäre die allgem...