Die vorstehend gekürzt wiedergegebenen Ausführungen des OLG Celle geben wertvolle Hinweise für die Praxis des Erbscheinsverfahrens, insbesondere weil sie nicht ganz auf der Linie der bisher herrschenden Auffassung in Literatur und Praxis liegen.
I. Vorfrage: Erlass der eidesstattlichen Versicherung nach § 352 Abs. 3 S. 4 FamFG?
Weil nicht entscheidungserheblich, hat sich das OLG Celle nicht näher mit der Frage befasst, ob in einer Konstellation wie der vorliegenden, nicht ein Erlass der eidesstattlichen Versicherung nach § 352 Abs. 3 S. 4 FamFG in Betracht kommt. Dieser steht im pflichtgemäßen Ermessen des Nachlassgerichts. Bei dieser Ermessensentscheidung soll es maßgeblich darauf ankommen, ob durch die eidesstattliche Versicherung die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der Angaben des Antragstellers erhöht wird (höherer Beweiswert) und ob der Erklärende überhaupt etwas zur Sachverhaltsaufklärung beitragen kann (besondere Sachverhaltskenntnis). Die durch die eidesstattliche Versicherung entstehenden Kosten bei Notar und/oder Gericht (§§ 40 GNotKG, KV 12210 bzw. 23300 GNotKG) und der Zeitaufwand bzw. Zeitverlust dürfen dagegen nicht berücksichtigt werden. Hier kann es sich in der Praxis – je nach Sachlage – empfehlen, vor Abgabe der eidesstattlichen Versicherung beim Nachlassgericht anzuregen, die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers und des (gesetzlichen/gewillkürten) Vertreters, mangels daraus zu erwartenden höheren Erkenntnisgewinns zu erlassen. Dies kommt insbesondere in Fällen eines Berufsbetreuers in Betracht, aber auch wenn ein entfernterer Verwandter als General- und Vorsorgebevollmächtigter oder rechtlicher Betreuer die eidesstattliche Versicherung (im eigenen Namen) abgeben müsste.
II. Nachweis fehlender Möglichkeit der Abgabe der Erklärung durch den Betreuten bzw. Vollmachtgeber selbst?
Offen ist nach der Entscheidung des OLG Celle, wie nachzuweisen ist, dass der Betreute bzw. der Vollmachtgeber selbst nicht mehr zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in der Lage ist. Der Senat stellt diese Frage in das pflichtgemäße Ermessen des Nachlassgerichts, welches also hier ein ärztliches Zeugnis oder gar Gutachten, mindestens jedoch eine dahingehende Erklärung des rechtlichen Betreuers oder General- und Vorsorgebevollmächtigten im Erbscheinsantrag verlangen kann. Litzenburger spricht sich hier für ein ärztliches, nicht notwendig amtsärztliches Zeugnis aus, das nicht älter sein darf als sechs Monate.
III. Begründung der Höchstpersönlichkeit der eidesstattlichen Versicherung
Es entspricht allgemeiner Meinung, dass die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung im Erbscheinsverfahren nur im eigenen Namen erfolgen kann. Begründet wird dies mit der Rechtsnatur als "höchstpersönliche Wissenserklärung" und den möglichen Strafbarkeitsfolgen. Ob dies im Hinblick auf die Strafbarkeitsfrage wirklich zwingend ist, kann mE angezweifelt werden. Die §§ 153 ff StGB enthalten zwar eigenhändige Delikte. Täter kann also nur sein, wer die Erklärung in eigener Person abgibt. Eine Strafbarkeit des Vertretenen (Geschäftsherrn) wird dadurch jedoch nicht begründet. Über §§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB iVm § 156 StGB ließe sich vielmehr die Strafbarkeit des z. B. rechtlichen Betreuers selbst dann begründen, wenn man die Aussagedelikte als Sonderdelikte auffassen würde, und danach die prozessuale Wahrheitspflicht nur auf den Vertretenen erstrecken würde. Nach vordringender Meinung handelt es sich hierbei jedoch um kein besonderes persönliches Merkmal (§ 28 Abs. 1 StGB), sondern um ein rechtsgutsbezogenes Merkmal. Wer im fremden Namen falsche eidesstattliche Versicherungen abgibt, begründet demgemäß nur seine eigene Strafbarkeit, nicht auch die des Vertretenen. Da niemand jedoch sicher wissen kann, ob einem anderen "nichts bekannt ist, was der Richtigkeit der gemachten Angaben entgegensteht", muss eine eidesstattliche Versicherung im fremden Namen schlichtweg als "untaugliches Beweismittel" iSd Prozessrechts und deshalb als unzulässig angesehen werden. Eine eidesstattliche Versicherung kann daher nur im eigenen Namen abgegeben werden. Gesetzessystematisch folgt dies auch aus §§ 413 S. 2 FamFG bzw. § 478 ZPO.