Wem stehen Gewinnvorträge und laufender Gewinn vermächtnisweise zugewandter GmbH-Beteiligungen zu?
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Im Rahmen der Unternehmensnachfolge werden GmbH-Anteile den Nachfolgern vielfach vermächtnisweise zugewandt. Dabei wird oftmals nicht geregelt, wem bislang noch nicht ausgeschüttete Gewinne zustehen sollen. Der nachfolgende Beitrag untersucht, wem Gewinnvorträge und laufende Gewinne in diesen Fällen bis zum Zeitpunkt der Vermächtniserfüllung zustehen und ob diese auf die Vermächtnisnehmer mit übergehen oder ob entsprechende Ansprüche der Erben hierauf bestehen können.
I. Einführung
Im Rahmen der Unternehmensnachfolge ist es oftmals empfehlenswert zu vermeiden, dass Unternehmensbeteiligungen an Erbengemeinschaften fallen. Denn eine Erbengemeinschaft ist ein äußerst komplexes und konfliktträchtiges rechtliches Gebilde. Sie ist von ihrer rechtlichen Struktur her regelmäßig nicht dazu geeignet, Unternehmensbeteiligungen zu halten oder gar Unternehmen zu leiten. Denn ebenso gefährlich, wie eine ungeklärte Nachfolge ist eine Situation, in der sich die Erben gegenseitig blockieren können, was letztlich dazu führen kann, dass ganze Unternehmen handlungsunfähig werden.
Verantwortungsvolle Unternehmer versuchen daher zu verhindern, dass eine solche Gesamthandsgemeinschaft am betrieblichen Vermögen im Erbfall entsteht. Im Rahmen der Unternehmensnachfolge ist es deshalb regelmäßig gewünscht und auch vorteilhaft, Unternehmensbeteiligungen einzelnen oder mehreren konkreten Nachfolgern im Rahmen letztwilliger Verfügungen vermächtnisweise zuzuwenden. Im Rahmen der Vermächtniserfüllung sind die entsprechenden Gesellschaftsanteile dann von den Erben auf die Vermächtnisnehmer zu übertragen. Vielfach unbeachtet bleibt dabei die Frage, wem eigentlich etwaige Gewinnvorträge und laufende Gewinne bis zur Vermächtniserfüllung zustehen. Denn diese stehen nicht – wie oft unterstellt – generell den Vermächtnisnehmern zu.
II. Zivilrechtliche Qualifikation von Unternehmensgewinnen
Mit der Gesellschafterstellung eines GmbH-Gesellschafters sind Gewinnbezugsrechte verbunden. Die aus diesem Recht resultierenden Gewinnanteile stellen Rechtsfrüchte i.S.d. § 99 Abs. 2 BGB dar. Das maßgebliche Fruchtziehungsrecht ist das Recht des Gesellschafters gemäß § 29 Abs. 1 GmbHG, von der Gesellschaft eine Gewinnausschüttung zu beanspruchen. Gewinnanteile eines GmbH-Gesellschafters stellen zivilrechtlich somit Früchte i.S.d. BGB dar.
III. Grundlagen der erbrechtlichen Regelungen zur Behandlung von Früchten
Ausgangspunkt der Überlegung, wem Gewinnanteile als Früchte i.S.d. BGB zustehen, ist § 2184 BGB. Daneben enthält § 101 BGB Regelungen zur zeitlichen Verteilung von gezogenen Früchten.
1. § 2184 BGB – Herausgabe von Früchten
Bei der vermächtnisweisen Zuwendung von Vermögensgegenständen besteht zwischen dem Entstehen des Vermächtnisanspruchs (grundsätzlich der Zeitpunkt des Erbfalls, § 2176 BGB) und der Erfüllung dieses Anspruchs durch Leistung des Vermächtnisgegenstands oftmals ein Übergangszeitraum, während dessen das Vermächtnisobjekt noch bei dem Beschwerten verbleibt und während dessen der Vermächtnisgegenstand Früchte bringen und genutzt werden kann.
§ 2184 BGB regelt insofern für Stückvermächtnisse, wer in den Genuss der Früchte und Nutzungen während dieses Übergangszeitraums zwischen Vermächtnisanfall und Vermächtniserfüllung kommen soll. Nach § 2184 S. 1 BGB hat der Erbe dem Vermächtnisnehmer die seit dem Anfall des Vermächtnisses gezogenen Früchte sowie das sonst auf Grund des vermachten Rechts Erlangte herauszugeben. Da § 2184 BGB jedoch dispositiv ist, steht es dem Erblasser frei anzuordnen, dass auch nach dem Anfall gezogene Früchte dem Beschwerten verbleiben sollen.
2. § 101 BGB – Zeitliche Verteilung von Früchten
§ 2184 BGB regelt insofern jedoch nur die Pflicht zur Herausgabe an sich und nicht die zeitliche Verteilung der Früchte. Auch soweit nach dieser Regelung Früchte herauszugeben sind, sagt dies noch nichts über die zeitliche Verteilung der Früchte. Diese bestimmt sich vielmehr nach § 101 BGB. § 101 BGB regelt hierfür eine schuldrechtliche Ausgleichspflicht, die einen Wechsel im Fruchtziehungsrecht voraussetzt, wie er bspw. aufgrund der Übertragung eines vermachten Gegenstandes zwischen dem beschwerten Erben und dem Vermächtnisnehmer entsteht.
§ 101 regelt somit nicht das Fruchtziehungsrecht, sondern das schuldrechtliche Verhältnis der aufeinanderfolgenden Fruchtziehungsberechtigten. § 101 BGB stellt insofern eine Auslegungsregel dar, die auch für das Erbrecht gilt und als allgemeinen Grundsatz vorgibt, wem welche Früchte zeitlich gebühren. Soweit jemand für eine bestimmte Zeit fruchtziehungsberechtigt ist, stehen ihm nach § 101 BGB die Früchte nur insoweit zu, als sie während der Dauer ...