II. Die nach § 58 FamFG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung in der maßgebenden Ausgangsfrage, ob der Erblasser überhaupt zu einer vom Testament I abweichenden Neutestierung befugt war, weder mit der beanstandeten noch mit einer anderen Begründung aufrechterhalten werden kann.
1. Bei der im Testament I ausgesprochenen Schlusserbenbestimmung handelt es sich um eine wechselbezügliche Verfügung beider Ehegatten mit der Folge, dass der Erblasser nach dem Tode seiner Ehefrau hieran gebunden war (§§ 2270 Abs. 1, 2; 2271 Abs. 2 BGB). Eine rechtswirksame Änderung der Schlusserbenanordnung im Testament II war daher nur unter der Voraussetzung möglich, dass die auf eine "familiäre Zuwiderhandlung“ bezogene Annullierungsklausel des gemeinschaftlichen Testaments nicht nur einen Änderungsvorbehalt (vgl. dazu Palandt/Weidlich, 79. Auflage, Rn 20 ff. zu § 2271 BGB) auch zugunsten des Letztversterbenden beinhaltet, sondern sich unter Beachtung der maßgebenden Auslegungsregeln zugleich dahin verstehen lässt, dass nach der übereinstimmenden Intention beider Eheleute auch und gerade ein (Fehl-)Verhalten des Beteiligten zu 1, wie es ihm vorliegend angelastet wird, dem überlebenden Ehegatten die Möglichkeit einer Neutestierung eröffnen sollte."
2. Schon das Vorliegen eines "einseitigen" Widerrufsvorbehalts bedarf näherer Begründung.
a) Der Wortlaut ("sind wir berechtigt") sowie die im Stil einer Rechtfertigung gegenüber dem Beteiligten zu 1 gehaltene Ausdrucksweise des Testaments I sprechen dafür, dass die Ehegatten der Meinung waren, ihr Testament nur gemeinsam (also bis zum Tod des Erstversterbenden) abändern zu können. Danach ist sogar fraglich, ob ihnen überhaupt bewusst gewesen war, zu einer gemeinsamen Abänderung (zu Lebzeiten beider) jederzeit und ohne weitere Voraussetzungen befugt zu sein, wie das Erstgericht ohne nähere Begründung annimmt (vgl. S. 3 des Nichtabhilfebeschlusses vom 17.6.2020).
Zudem hatten die Ehegatten einleitend betont, dass "Erben außerhalb der Familie nicht in Frage kommen“ würden, das Vermögen mithin in der Familie bleiben solle. Außerdem hatten sie klar zum Ausdruck gebracht, dass es ihnen zugleich um eine wirtschaftliche Absicherung des Beteiligten zu 1 ging, der "vollen Anspruch auf das vorgenannte Erbgut" haben sollte. Dahinter stand offenkundig auch die gemeinsame elterliche Sorge aufgrund der Minderbegabung des Beteiligten zu 1, der nach den Angaben der Zeugin P., der Betreuerin des Erblassers, "an einer Art Downsyndrom" leidet und sich deshalb auch "schwer mit dem Sprechen tut"" (Protokoll vom 25.6.2019, dort S. 2 = Bl. 58 d.A.). Folgerichtig bleibt der erste, gleich anschließend benannte Abänderungsgrund auf den singulären und außergewöhnlichen Fall des Eintritts einer eigenen existenzbedrohenden Notlage ("daß die Eigentumswohnung verkauft werden muß …") beschränkt. Alle diese Umstände lassen nur den Schluss zu, dass die Ehegatten auch (bzw. erst recht) mit dem nachfolgenden Tatbestand einer "familiären Zuwiderhandlung“ einen gleich schwer wiegenden – extremen – Ausnahmesachverhalt gemeint und damit ebenfalls die Vorgabe einer "ultima ratio" verknüpft hatten."
b) Dieses Auslegungsergebnis schließt nicht aus, dass auf beide Abänderungsgründe jeweils auch die Annahme eines einseitigen Änderungsvorbehalts zugunsten des Letztversterbenden gestützt werden kann. Ein solches Verständnis aber wird dem erkennbaren Willen beider Ehegatten jedenfalls nur gerecht, soweit im Blick behalten wird, dass auch der hier einschlägige Anlasstatbestand erst dann eine Änderungsbefugnis für den Letztversterbenden begründen sollte, wenn ihm nur noch auf diese Weise eine adäquate Reaktionsmöglichkeit mit "ultima ratio"- Charakter eröffnet sein würde.
3. Hiernach lassen die Darlegungen des Nachlassgerichts schon im Ausgangspunkt eine nähere Auseinandersetzung mit der entscheidenden Frage vermissen, welche übereinstimmenden Vorstellungen beider Ehegatten mit dem laienhaft formulierten Tatbestand einer "familiären Zuwiderhandlung“ verbunden hatten; dies betrifft sowohl die Anforderungen an die Stoßrichtung wie an die Qualität bzw. Intensität eines etwaigen Störverhaltens des Beteiligten zu 1."
a) Wie im Vorbringen der Beteiligten zu 2 konsequent ausgeblendet wird, hat es bei der Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments ausschließlich auf die übereinstimmenden Vorstellungen der Ehegatten zur Zeit der Testamentserrichtung anzukommen (BGHZ 112, 229). Als weitere Vorgabe kommt hinzu, dass ein nach dem Willen des einen Ehegatten mögliches Auslegungsergebnis mit der Einstellung des anderen Teiles abzugleichen ist: Lässt sich nämlich – entgegen der Lebenserfahrung – eine Übereinstimmung der beiderseitigen Vorstellungen und Absichten nicht feststellen oder lag eine solche nicht vor, dann muss auf den Willen gerade desjenigen Erblassers abgestellt werden, um dessen testamentarische Verfügung es geht. Hierbei hat entsprechend § 157 BGB eine Beurteilung aus der ...