Leitsatz
Mehrere miteinander nicht verbundene Texte des Erblassers erfüllen nur dann das Erfordernis einer Unterschrift im Sinne des § 2247 Abs. 1 BGB, wenn sie inhaltlich eine einheitliche Willenserklärung enthalten und die Unterschrift diese Willenserklärung abschließt. Dieser inhaltliche Zusammenhang wird nicht dadurch hergestellt, dass auf einem Tisch, auf dem mit einem Stift eine nicht unterzeichnete letztwillige Verfügung geschrieben worden ist, weitere in sich abgeschlossene und unterzeichnete letztwillige Verfügungen des Erblassers liegen.
OLG Köln, Beschl. v. 23.9.2020 – 2 Wx 189/20
1 Tatbestand
Herr K. B. (im Folgenden: Erblasser) verstarb zwischen dem 1.1.2019 und dem 18.1.2019. Der Erblasser war nicht verheiratet und hatte keine Kinder. Der Beteiligte zu 2) ist ein Bruder des Erblassers.
Der Erblasser hinterließ mehrere letztwillige Verfügungen, die am 15.4.2019 vom Nachlassgericht eröffnet worden sind. Durch zwei gleichlautende handgeschriebene und unterschriebene Testamente vom 3.7.2015 hat der Erblasser seinen Bruder, den Beteiligten zu 2), als seinen Alleinerben eingesetzt. Auf einem dieser beiden Schriftstücke hat der Erblasser unter der Verfügung vom 3.7.2015 eine weitere handgeschriebene und unterschriebene letztwillige Verfügung vom 1.3.2018 errichtet, worin er verfügt hat, dass sein Bruder "von mir nicht mehr erbberechtigt" ist und dass er "keinen Zent erbt". Auf der Rückseite dieses Schriftstücks hat der Erblasser handgeschrieben und unterschrieben verfügt, dass das "Testament für H. B. nicht mehr gültig ist." Diese Verfügung weist das Datum 23.4.2017 oder 23.4.2018 auf. Insoweit ist entweder die "7" über die "8" geschrieben worden oder umgekehrt die "8" über die "7".
Auf die Tischplatte eines Holztisches in seinem Haus hat der Erblasser mit Filzstift Folgendes geschrieben.
"Testament Köln 22.4.2017"
B. E. A.
geb. … in Columbia ist alleinige Erbin meines ganzen Vermögens.
Telefon …“
Eine Unterschrift befindet sich auf der Tischplatte nicht. Neben dem niedergeschriebenen Text auf der Tischplatte lag am 2.2.2019, zum Zeitpunkt des Aufsuchens der Wohnung des Erblassers durch den Polizeibeamten KHK M., das Schriftstück, auf dem sich die letztwilligen Verfügungen vom 3.7.2015, vom 1.3.2018 und vom 23.4.2017 bzw. 23.4.2018 befinden.
Mit notarieller Urkunde vom 11.2.2020 – UR.Nr. 114/2020 des Notars Sch. – hat die Beteiligte zu 1) die Erteilung eines Alleinerbscheins beantragt. Sie hat vorgetragen, dass sie durch das "Tischtestament" vom 22.4.2017 als Alleinerbin eingesetzt worden sei. Das "Tischtestament" weise zwar keine Unterschrift des Erblassers auf. Allerdings würden die übrigen Einzeltestamente, die allesamt auf dem Tisch gelegen hätten, die Unterschrift des Erblassers tragen. Sämtliche Testamente seien in einem Gesamtzusammenhang zu sehen. So seien das "Tischtestament" vom 22.4.2017 und das Testament vom 23.4.2017/18 in einem engen "zeitlichen Zusammenhang" errichtet worden. Es bestehe auch ein "räumlicher Zusammenhang", weil alle Testamente auf dem Tisch gelegen hätten. Auch das Gesamtarrangement beim Auffinden der Testamente spreche für die Zusammengehörigkeit des "Tischtestaments" und des Testaments vom 23.4.2017/18. Es bestehe auch ein inhaltlicher Zusammenhang, weil die Einsetzung der Antragstellerin die Enterbung des Bruders zur Folge habe. Auch die Abschlussfunktion der Unterschrift sei gewahrt, weil das Testament vom 23.4.2017/18 unmittelbar neben dem "Tischtestament" vom 22.4.2017 gelegen habe.
Durch am 25.5.2020 erlassenen Beschluss hat das Nachlassgericht den Antrag der Beteiligten zu 1) auf Erteilung eines Alleinerbscheins zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Testament vom 22.4.2017 mangels Unterschrift des Erblassers nicht formwirksam errichtet worden sei. Ein engerer Zusammenhang zwischen dem Testament vom 22.4.2017 und dem Testament vom 23.4.2017/18 bestehe nicht. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des am 25.5.2020 erlassenen Beschlusses Bezug genommen. Durch Beschluss vom 3.7.2020 hat das Nachlassgericht das Rubrum des Beschlusses vom 25.5.2020 wegen einer offenbaren Unrichtigkeit berichtigt.
Gegen den am 25.5.2020 erlassenen Beschluss hat die Beteiligte zu 1) mit am 26.6.2020 beim Amtsgericht Köln eingegangenen Schriftsatz vom 23.6.2020 Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 7.8.2020, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, begründet.
Durch am 19.08.2020 erlassenen Beschluss hat das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt.
2 Gründe
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Nachlassgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1) auf Erteilung eines Alleinerbscheins zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, zurückgewiesen.
Die letztwillige Verfügung vom 22.4.2017, auf die die Beteiligte zu 1) ihren Antrag stützt, ist gem. § 125 BGB nichtig, weil sie nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form entspricht. Nach §§ 2231 Nr. 2, 2247 Abs. 1 BG...