Die größte Gefahr bei der Gestaltung der Vermögensnachfolgeplanung für Menschen mit pflichtteilsberechtigten behinderten Angehörigen ist das Entstehen eines überleitbaren Pflichtteilsanspruchs im Erbfall. Alle zuvor beschriebenen Lösungswege zielen darauf ab, die Gefahr von Todes wegen zu bannen. Größtmögliche Sicherheit wäre demgegenüber zu erreichen, wenn der Pflichtteilsanspruch dem Grunde nach gar nicht erst entstehen könnte, weil der Berechtigte bereits zu Lebzeiten auf ihn verzichtet hat, § 2347 Ab. 1 BGB.
Die Sittenwidrigkeit eines solchen Verzichts wurde in der Vergangenheit im Zweifelsfall bejaht. Der BGH hat die lange diskutierte Frage im Jahr 2011 schlussendlich allerdings zugunsten der Wirksamkeit eines solchen Pflichtteilsverzichts entschieden. Als Argument wurde unter anderem angeführt, dass dem Sozialleistungsträger durch den Verzicht keinerlei Pflichten auferlegt würden. Nachteile der öffentlichen Hand seien lediglich ein Reflex und daher hinzunehmen. Der sozialrechtliche Nachranggrundsatz sähe selbst diverse Ausnahmen und Durchbrechungen vor, als dass für die Annahme der Sittenwidrigkeit eines Pflichtteilsverzichtsvertrags als Ausfluss der erbrechtlichen Privatautonomie kein Raum bestünde.
Ein Pflichtteilsverzicht setzt zunächst Geschäftsfähigkeit des Verzichtenden voraus und kann dann, von Ausnahmefällen einmal abgesehen, grds. auch ohne Erhalt einer Gegenleistung wirksam erklärt werden.
Wenn der gesetzliche Vertreter des geschäftsunfähigen Pflichtteilsberechtigten die Erklärung abgibt, müsste eine gerichtliche Genehmigung eingeholt werden, § 2347 Abs. 1 BGB. Diese wird, wenn überhaupt, nur dann erteilt, wenn eine wirtschaftlich annähernd vollwertige Abfindung für den Verzicht bezahlt wird, da die Erklärung andernfalls nicht dem Wohl des Verzichtenden entspräche. Rein ideelle und familiäre Erwägungen werden lediglich nachrangig berücksichtigt.
Denkbar wäre es, die Abfindung in Form einer Leibrente zu gewähren. Die Vorteile dieser Lösung liegen in einer Planungssicherheit für den künftigen Erblasser und der wirtschaftlichen Absicherung des Behinderten bereits vor Eintritt des Erbfalls.
Leider ist der Umgang der Gerichte mit einem entgeltlichen Pflichtteilsverzicht eines geschäftsunfähigen Behinderten nach wie vor uneinheitlich. Deswegen kommt ein Pflichtteilsverzicht (mit oder ohne Gegenleistung) als flankierendes und die letztwillige Verfügung absicherndes Gestaltungsmittel der Nachfolgeplanung für Menschen mit pflichtteilsberechtigten behinderten Angehörigen in erster Linie bei einem geschäftsfähigen Behinderten in Betracht.