Die Einschätzung des Nachlassumfangs zum Zeitpunkt des Erbfalls gestaltet sich prognostisch zum Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung schwierig. Aus diesem Grund birgt die vermächtnisweise Zuwendung eines fixen Geldbetrages an den Behinderten die Gefahr, dass sich dieser gemessen am Gesamtnachlass später als zu niedrig erweisen könnte. Erschwert wird die Problematik noch zusätzlich, wenn lebzeitige Zuwendungen an Dritte stattgefunden haben, die über §§ 2316, 2050 ff. BGB oder über § 2325 BGB den Gesamtpflichtteil des Behinderten erhöhen könnten.

Das Vorvermächtnis wird daher regelmäßig nicht als fixer Geldbetrag, sondern als liquides Quotenvermächtnis angeordnet. Wird auf diese Weise vorgegangen, spielen Veränderungen bei der Zusammensetzung des realen oder fiktiven Nachlasses nach Errichtung der letztwilligen Verfügung keine Rolle. Der Behinderte erhält danach einen quotalen Anteil am Nachlass, der mindestens seiner Pflichtteilsquote entspricht, besser aber noch als (leicht) über der Pflichtteilsquote liegend angeordnet wird.[14]

Möglichen Liquiditätsproblemen kann mit einer Ersetzungsfunktion entgegengewirkt werden, deren Ausübung in das Ermessen des Erben oder des Testamentsvollstreckers gelegt wird.[15] Es kann nach Ruby wie folgt formuliert werden:[16]

Zitat

"Dem behinderten Kind (…) steht als Vermächtnis ein barer Geldbetrag in Höhe (…) einer Quote von (…) am Nachlass zu (…). Der Beschwerte ist berechtigt, das Vermächtnis ganz oder teilweise auch durch Übertragung anderer Gegenstände zu erfüllen (…). Sofern über den Beschwerten Testamentsvollstreckung angeordnet ist, übt der Testamentsvollstrecker die Ersetzungsbefugnis aus (…)."

[14] Krauß, Vermögensnachfolge, Kap. 14 Rn 6473; Ruby/Schindler, Behindertentestament, S. 115 Rn 185.
[15] Ruby/Schindler, Behindertentestament, S. 115 Rn 185.
[16] Ruby/Schindler, Behindertentestament, S. 193 Rn 4.

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