Die Gestaltungspraxis hat als alternative Lösung zum Vor- und Nacherbenmodell die sog. Vermächtnislösung entwickelt. Danach wird der behinderte Angehörige nicht als Mit-/Vorerbe, sondern neben einem oder mehreren anderen Mit-/Erben als Vermächtnisnehmer mit einem Erwerb von Todes wegen, der mindestens in Höhe seiner Pflichtteilsquote liegt, eingesetzt. Das Vermächtnis ist dabei als Vorvermächtnis ausgestaltet und soll mit dem Tod des Behinderten gem. § 2191 Abs. 1 BGB an den oder die Nachvermächtnisnehmer (regelmäßig personenidentisch mit dem oder den Mit-/Erben) fallen, wobei der Erwerb von Todes wegen des Behinderten wie beim Vorerbenmodell gem. § 2209 BGB unter Dauertestamentsvollstreckung gestellt wird.
Das Vermächtnismodell ist nicht unumstritten. Es liefert zwar gewisse Abwicklungserleichterungen für die Beteiligten, birgt aber auch Schwächen. Höchstrichterliche Rechtsprechung existiert zum Behindertentestament in der Vermächtnislösung bis dato nicht. Als gesichert gelten dürfte dennoch, dass es dem Sozialleistungsträger mit derselben Argumentation wie schon bei § 2306 Abs. 1 BGB verwehrt ist, das Vermächtnis nach § 2307 Abs. 1 S. 1 BGB auszuschlagen. Solange der Vermächtnisanspruch mindestens in gleicher Höhe liegt wie der Pflichtteilsanspruch darf auch der gesetzliche Vertreter des Behinderten die Ausschlagung nicht erklären. Eine Überleitungsmöglichkeit scheidet damit aus. Schwierigkeiten liefert allerdings das Rangverhältnis der Kostenersatzpflicht des Erben gem. § 102 SGB XII und des schuldrechtlichen Anspruchs des Nachvermächtnisnehmers auf Erfüllung gem. §§ 2191 Abs. 1, 2174 BGB. Der Anspruch des Nachvermächtnisnehmers auf Erfüllung des Vermächtnisses fällt beim Tod des Vorvermächtnisnehmers in dessen in der Regel wegen der Ansprüche des Sozialleistungsträgers überschuldeten Nachlass. Sofern die Ansprüche auf Kostenerstattung vom Erben vorrangig bedient werden müssten, würde der Erwerb von Todes wegen spätestens beim Tod des Behinderten dem Zugriff des Sozialleistungsträgers unterliegen. Auch diese Frage ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt. Während eine Mindermeinung in der Literatur von einer Gleichrangigkeit der Forderungen ausgeht und das Vorvermächtnis anteilig zwischen Nachvermächtnisnehmer und Sozialleistungsträger aufteilen will, geht die h.M. davon aus, dass dem Sozialleistungsträger eine Zugriffsmöglichkeit verwehrt ist. Als Argument wird unter anderem angeführt, dass im Rahmen des § 102 SGB XII zwischen Erblasser- und Erbfallschuld zu differenzieren sei. Der Nachvermächtnisanspruch, der den behinderten Vorvermächtnisnehmer schon zu dessen Lebzeiten belastet habe, sei bereits nach dem Wortlaut des § 102 SGB XII vorrangig. Immerhin würde die Vorschrift in § 102 Abs. 2 S. 2 SGB XII auf den Zeitpunkt des Erbfalls abstellen. Die Diskussion hat unlängst neue Fahrt aufgenommen. Mit Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes wurden Eingliederungshilfeleistungen Teil 2 Kap. 9 SGB IX unterstellt, wobei dort keine Kostenersatzpflicht des Erben wie in § 102 SGB XII vorgesehen ist. Das reduziert die Haftungsgefahr für den Erben des Behinderten unabhängig vom Konkurrenzverhältnis der Ansprüche infolge des nun reduzierten Umfangs zusätzlich.