1. Grundsätzliche Überlegungen
Die interessengerechte Nachfolgeplanung hängt davon ab, welche Ziele die Eltern bzw. Erblasser anstreben.
Aus unterschiedlichen Beziehungskonstellation können differenzierende Wünsche für die Gestaltung der Nachfolgeregelungen resultieren.
Entscheidend für die interessengerechte Gestaltung des Nachlasses ist es, herauszuarbeiten, welche Ziele die Testierenden anstreben. Zu unterscheiden ist insbesondere, ob eine Bevorzugung der jeweils eigenen Kinder vor den Stiefkindern oder eine Gleichbehandlung aller Kinder gewünscht ist. Dabei ist bei der Gestaltung auch zu berücksichtigen, ob die Testierenden miteinander verheiratet sind.
2. Sicherung der jeweils eigenen Kinder
Was passiert ohne eine Verfügung von Todes wegen? Um die eigenen Kinder zu sichern, bedarf es vor allem für den zuerst versterbenden Elternteil einer Verfügung von Todes wegen. Denn dessen Kinder werden in einer Patchworkkonstellation "doppelt bestraft": Falls jeder Ehegatte beispielsweise zwei eigene Kinder hat und die Eheleute im gesetzlichen Güterstand leben, erben beim ersten Erbfall der überlebende Ehegatte die Hälfte und die Kinder je ¼ des Vermögens (§§ 1924, 1931 Abs. 1, 3, 1371 Abs. 1 BGB).
Wenn der Ehemann zuerst verstirbt, hinterlässt er eine Erbengemeinschaft, bestehend aus der Ehefrau und seinen leiblichen Kindern. Bei Tod der Ehefrau erben nach gesetzlicher Erbfolge nur deren Abkömmlinge, das bedeutet, der hälftige Erbanteil, den sie nach dem Tod des Ehemanns erhalten hat, fällt ausschließlich an ihre Abkömmlinge, die Kinder des vorverstorbenen Ehemanns bleiben unberücksichtigt, d.h., die Hälfte "ihres Vermögens" geht ihnen verloren.
a) Erbeinsetzung des eigenen Kindes
Um das eigene Kind abzusichern, ist zunächst vorstellbar, das Kind als alleinigen Vollerben einzusetzen. Hieraus folgt aber das Problem, dass dem überlebenden Ehepartner die Nutzungen des Vermögens des Erblassers entzogen werden.
Darüber hinaus können sich ungewollte Folgen aus dem Pflichtteilsrecht des überlebenden Ehegatten ergeben. Der überlebende Ehepartner wird durch die Alleinerbeneinsetzung des Kindes enterbt und somit gem. § 2303 BGB pflichtteilsberechtigt. Eine Folge, die in der Regel von den Beteiligten nicht gewünscht wird.
Auch muss berücksichtigt werden, dass ein nicht verjährter Pflichtteilsanspruch des überlebenden Ehegatten nach dessen Tod seinen Erben zukommt.
Die Vollerbeneinsetzung des jeweils eigenen Kindes ist auch unter güterrechtlichen Erwägungen nicht zu empfehlen. Hierbei ist zu beachten, dass, wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, nach dem Tod des Erstversterbenden der überlebende Ehepartner entweder den pauschalen Ausgleich des Zugewinns mittels Erhöhung der Erbschaft um ¼ Anteil gem. § 1371 Abs. 1 BGB geltend machen kann oder die Möglichkeit hat, neben dem kleinen Pflichtteil den konkret berechneten Zugewinnausgleichsanspruch gegenüber dem Kind des Verstorbenen geltend zu machen (§ 1371 Abs. 2, 3 BGB).
Hier besteht die in der Regel nicht gewollte Möglichkeit, dass bei Tod des länger lebenden der Ehepartner dessen Kind einen noch nicht verjährten, konkreten Zugewinnausgleichsanspruch von dem Kind des Erstverstorbenen verlangen kann (§ 1371 Abs. 3 S. 1 BGB).
b) Bestmögliche Absicherung des Ehepartners
Das Ziel, den überlebenden Ehegatten bestmöglich abzusichern und ihm die Nutzung des Vermögens einzuräumen unter gleichzeitiger Berücksichtigung des eigenen Kindes, wird am sinnvollsten durch gegenseitige Erbeinsetzung zu befreiten Vorerben erreicht.
aa) Vor- und Nacherbschaft
Muster:
Zitat
Der Erstversterbende beruft zu seinem alleinigen Erben den Längerlebenden von uns. Der Längerlebende soll jedoch nur Vorerbe sein. Dabei ist er von allen gesetzlichen Beschränkungen befreit, soweit dies rechtlich zulässig ist.
Das jeweils voreheliche Kind des Erstversterbenden sollte zum Nacherben berufen werden, wobei verfügt werden soll, dass der Nacherbfall mit dem Tod des Vorerben anfallen soll.
Muster:
Zitat
Nacherbe des Erstversterbenden ist dessen jeweiliger Abkömmling. Der Nacherbfall tritt mit dem Tod des Vorerben ein. Die Nacherbenanwartschaft ist weder veräußerlich noch vererbbar, es sei denn, die Übertragung erfolgt auf den Vorerben. Wenn der Vorerbe vor oder nach dem Erbfall wegfällt, soll der Nacherbe Ersatzerbe sein. Für diesen Fall wird der Nacherbe Vollerbe des Erstversterbenden von uns.
Mit der gesonderten Verfügung auf den Tod des überlebenden Ehepartners wird erreicht, dass der einseitige Abkömmling des Überlebenden Vollerbe im Hinblick auf dessen Eigenvermögen wird. Zugleich wird durch den Eintritt der Nacherbfolge auf den Tod des Erstversterbenden dessen einseitiger Abkömmling Nacherbe, womit ihm das Vermögen des leiblichen Elternteils zufließt.
Möglich ist auch, die Vorerbschaft auf einen einzelnen Nachlassgegenstand zu beschränken. Dies kann insbesondere bei größeren Immobilienwerten angebracht sein.
Muster: Vorerbschaft auf einen einzigen Nachlassgegenstand
Zitat
Zu meinem alleinigen Erben berufe ich meinen Ehegatten Dieser wird jedoch nur Vorerbe. Von den Beschränkungen der 2113 ff. BGB ist er im gesetzlich zulässigen Rahmen befreit.
Im Wege des Vorausvermächt...