Die Revision hat keinen Erfolg.

I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung u.a. in ZEV 2021, 698 veröffentlicht ist, steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Auskunfts- und Wertermittlungsanspruch gem. § 2314 Abs. 1 BGB zu, da dieser als Adoptivsohn des Erblassers pflichtteilsberechtigt gem. §§ 2303 Abs. 1, 1754 Abs. 1, 1755 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 12 § 2 Abs. 2, Abs. 3, § 3 Abs. 1 AdoptG und von der Erbfolge ausgeschlossen sei. Einem Anspruch stehe nicht entgegen, dass der Erblasser in dem Testament vom 13.3.2015 für die Rechtsfolge von Todes wegen in sein gesamtes Vermögen das englische Recht als Teilrecht seines Heimatstaats gewählt habe. Zwar habe es dem Erblasser gem. Art. 22 Abs. 1, 83 Abs. 4 EuErbVO freigestanden, für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Staats zu wählen, dem er im Zeitpunkt der Rechtswahl angehörte. Die Anwendung englischen Rechts scheide aber aus, weil sie im konkreten Fall mit dem deutschen ordre public offensichtlich unvereinbar sei, Art. 35 EuErbVO. Das englische Recht kenne keinen Pflichtteil. Kinder des Verstorbenen könnten für den Fall, dass sie nicht ausreichend bedacht wurden, bei Gericht einzig eine "angemessene finanzielle Regelung" nach dem Inheritance (Provision for Family und Dependants) Act 1975 beantragen. Erwachsenen Kindern stehe danach regelmäßig kein Anspruch auf Teilhabe am Nachlass zu. Das aber verstoße gegen die Erbrechtsgarantie in Art. 14 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG, nach der eine Teilhabe der Kinder am Nachlass der Eltern nicht von deren Bedürftigkeit abhängig gemacht werden dürfe. Das englische Recht rücke das Nachlassrecht in die Nähe des Unterhaltsrechts und knüpfe daran an, dass der Erblasser im Zeitpunkt des Todes seinen Wohnsitz in England oder Wales hatte. Nach deutschem Rechtsverständnis seien vielmehr die grundsätzlich unauflösbare Beziehung zwischen Eltern und Kindern und die daraus erwachsene Familiensolidarität ausschlaggebend für eine Teilhabe der Kinder am Nachlass ihrer Eltern. Der Wohnort spiele dabei keine Rolle. Schließlich stelle das englische Recht die Entscheidung über eine finanzielle Zuwendung und deren Höhe in das Ermessen des Gerichts. Auch dies widerspreche der nach deutschem Rechtsverständnis gebotenen und in Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG verankerten Garantie einer bedarfsunabhängigen wirtschaftlichen Mindestbeteiligung der Kinder am Nachlass ihrer Eltern. Zur Gewährleistung einer dem deutschen ordre public entsprechenden Regelung müsse auf die Vorschriften des deutschen Pflichtteilsrechts zurückgegriffen werden.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte gem. § 2314 Abs. 1 S. 1, S. 2 Hs. 2, S. 3 BGB ein Anspruch auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses des Erblassers und auf Wertermittlung in dem vom Berufungsgericht tenorierten Umfang zu.

1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, einem Auskunfts- und Wertermittlungsanspruch des Klägers stehe nicht der Umstand entgegen, dass der Erblasser in seinem Testament für die Rechtsfolge von Todes wegen in sein gesamtes Vermögen das englische Recht als Teilrecht seines Heimatstaats gewählt hat.

a) Gem. Art. 22 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.7.2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (ABl 2012 Nr. L 201, 107; im Folgenden: EuErbVO) stand es dem Erblasser frei, für die Rechtsfolge von Todes wegen mit dem englischen Recht das Recht des Staats zu wählen, dem er im Zeitpunkt der Rechtswahl angehörte. Die Wahl englischen Erbrechts war auch wirksam. Zwar datiert das Testament vom 13.3.2015, während die EuErbVO erst seit dem 17.8.2015 gilt. Da der Erblasser aber im Jahr 2018 verstorben ist, gilt gem. Art. 83 Abs. 4 EuErbVO dasjenige Recht, dessen Anwendung der Erblasser vor dem Stichtag im Rahmen einer Verfügung von Todes wegen nach dem nach Art. 22 EuErbVO wählbaren Recht angeordnet hat.

b) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Anwendung englischen Rechts jedenfalls im hier zur Entscheidung stehenden Fall mit dem deutschen ordre public offensichtlich unvereinbar (Art. 35 EuErbVO). Denn das englische Recht steht zu der nach deutschem Recht verfassungsrechtlich verbürgten Nachlassverteilung in einem so schwerwiegenden Widerspruch, dass dessen Anwendung im hiesigen Fall untragbar ist. Dies hat zur Folge, dass es hier keine Anwendung findet.

aa) Art. 35 EuErbVO sieht vor, dass die Anwendung einer Vorschrift des nach der Verordnung bezeichneten Rechts eines Staats nur versagt werden darf, wenn ihre Anwendung mit der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Staats des angerufenen Gerichts offensichtlich unvereinbar ist. Die Bestimmung ermöglicht es dem Gerichtsstaat, im Ausnahmefall wesentliche Grundsätze und Werte des eigenen materiellen Rechts im Einzelfall zu wahren und trotz eine...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge