Der Senat bejahte einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1 aus § 2314 Abs. 1 BGB.
a) Grundsätzlich zulässige Rechtswahl
Mit den Vorinstanzen bejahte der BGH die Zulässigkeit der Rechtswahl nach Art. 22 Abs. 1 EuErbVO. Das Testament des Erblassers stamme zwar vom 13.3.2015, während die EuErbVO erst seit dem 17.8.2015 gilt. Da der Erblasser aber im Jahr 2018 verstorben war, gelte nach Art. 83 Abs. 4 EuErbVO (gemeint war wohl eher Art. 83 Abs. 2 EuErbVO) dasjenige Recht, dessen Anwendung der Erblasser vor dem Stichtag im Rahmen einer Verfügung von Todes wegen nach dem nach Art. 22 EuErbVO wählbaren Recht angeordnet habe.
b) Das Pflichtteilsrecht als Teil des deutschen ordre public
Das anwendbare englische Erbrecht sei aber im vorliegenden Fall mit dem deutschen ordre public offensichtlich unvereinbar i.S.d. Art. 35 EuErbVO. Das Pflichtteilsrecht sei als Institutionsgarantie dem Bestand des deutschen ordre public zuzurechnen. Das BVerfG hat in seiner Grundsatzentscheidung vom 19.4.2005 klargestellt, dass dem Pflichtteilsrecht der Kinder des Erblassers unter Verweis auf die Erbrechtsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG Grundrechtscharakter im Sinne einer grundsätzlich unentziehbaren und bedarfsunabhängigen wirtschaftlichen Mindestbeteiligung der Kinder des Erblassers an dessen Nachlass zukommt. Dieses Pflichtteilsrecht schützt die durch die Abstammung begründete familienrechtliche Bindung über den Tod hinaus und beschränkt insoweit die Testierfreiheit. Das Pflichtteilsrecht der Kinder schützt die durch die Abstammung begründete familienrechtliche Bindung über den Tod hinaus und beschränkt insoweit die Testierfreiheit.
c) Fehlen adäquater Pflichtteilsrechte nach englischem Recht
Das englische Recht bleibt nach Auffassung des BGH in seiner gesetzlichen und konkreten Ausgestaltung hinter diesen Anforderungen zurück. Nach den Regelungen des einschlägigen Inheritance (Provision for Family und Dependants) Act 1975 ("Inheritance Provision 1975") existiert kein quotenmäßiges Pflichtteils- oder Noterbrecht, sondern allenfalls eine bedarfsabhängige und im richterlichen Ermessen stehende finanzielle Beteiligung am Nachlass, die im konkreten Fall aber schon daran scheitere, dass das letzte domicile des Erblassers nicht, wie für den Anspruch erforderlich, in England oder Wales lag. Hierüber hinaus seien die Regelungen der Inheritance Provision 1975 aber auch in Hinblick darauf, dass sie im gerichtlichen Ermessen stünden und von zahlreichen Faktoren des Einzelfalls abhingen, mit den Vorgaben des BVerfG an den Pflichtteil nicht vereinbar.
d) Kein Widerspruch zu den Vorgaben der EuErbVO
Dies stünde auch im Einklang mit den Vorgaben der EuErbVO. Das Nebeneinander von Art. 35 EuErbVO und Art. 22 EuErbVO zeige, dass der europäische Verordnungsgeber im Einzelfall den Schutz des Pflichtteilsberechtigten für möglich gehalten habe, auch wenn hierdurch die grundsätzliche Rechtswahlfreiheit des Erblassers tangiert wird. Die Wertung in Erwägungsgrund 38 S. 2 EuErbVO, nach dem ein Schutz der Pflichtteilsberechtigten schon dadurch erreicht wird, dass die Rechtswahlmöglichkeiten der EuErbVO auf das Heimatrecht des Erblassers beschränkt sind, stünde dem nicht entgegen. Ein Anwendungsfall des Erwägungsgrunds 58 S. 2 EuErbVO, nach dem ein ordre public Verstoß dann nicht angenommen werden dürfte, wenn dadurch gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union verstoßen würde, sei ebenfalls nicht anzunehmen. Die Tatsache, dass im Kommissionsvorschlag noch vorgesehen war, eine (im finalen Art. 35 EuErbVO fehlende) Ausnahme für Pflichtteilsrechte in die Regelung zum ordre public Vorbehalt aufzunehmen, spreche ebenso für die Möglichkeit des ordre public Verstoßes.
e) Hinreichend starker Inlandsbezug
Den für den Rückgriff auf den ordre public Vorbehalt erforderlichen hinreichend starken Inlandsbezug begründete der BGH mit dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt von Kläger und Erblasser in Deutschland, der Belegenheit des Erblasservermögens in Deutschland sowie der deutschen Staatsangehörigkeit des Klägers.
f) Rechtsfolge des Verstoßes
Da das englische Recht keinen den Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG genügenden Anspruch des Klägers auf Teilhabe am Nachlass vorsieht, sei die durch den ordre public Verstoß entstehende Lücke nicht durch dieses als vorrangige lex causae zu schließen, sondern durch Rückgriff auf das deutsche Pflichtteilsrecht, das den Pflichtteils(auskunfts)anspruch vorsieht.
g) Vorlage an den EuGH
Eine Vorlage an den EuGH unterließ der BGH mit der Begründung, dass es im Rahmen des Art. 35 EuErbVO gerade um die...