I. Beschränkte Einkommensteuerpflicht, § 1 Abs. 4 EStG und erweitert beschränkte Einkommensteuerpflicht, § 2’AStG
Mit der Aufgabe des deutschen Wohnsitzes und dessen Verlegung in die Schweiz endet grundsätzlich die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland, es sei denn, der deutsche Wohnsitz wird aufrechterhalten. In diesem Fall bleibt die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland bestehen, wird allerdings durch das DBA Schweiz/Deutschland zugunsten des schweizerischen Besteuerungsrechts eingeschränkt, sofern die weggezogene Person in Deutschland nicht weiter über eine "ständige Wohnstätte" oder über einen "gewöhnlichen Aufenthalt von mindestens sechs Monaten im Kalenderjahr" verfügt (vgl. Kap. B. I. 1. 2).
Verfügt die weggezogene Person dagegen über einen ausschließlichen Wohnsitz in der Schweiz, entfaltet das DBA Schweiz/Deutschland seine Schutzwirkung, wodurch die aus einer schweizerischen Quelle oder aus Drittstaaten stammenden Einkünfte nicht mehr in Deutschland besteuert werden können. Mit den inländischen Einkünften i.S.v. § 49 Abs. 1 EStG dagegen bleibt die natürliche Person grundsätzlich auch nach dem Wegzug in die Schweiz weiterhin beschränkt steuerpflichtig. Das DBA beschränkt dabei die Besteuerungsrechte der Vertragsstaaten.
Darüber hinaus kann die weggezogene Person der erweiterten beschränkten Einkommenssteuerpflicht gem. § 2 des Gesetzes über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (AStG) unterliegen. Zu beachten ist, dass die erweiterte beschränkte Einkommenssteuerpflicht unter verschiedenen Voraussetzungen steht. So muss die betreffende Person in ein Niedrigsteuerland weggezogen sein oder dort von einer Vorzugsbesteuerung profitieren. Aufgrund der unterschiedlich hohen Steuersätze in den einzelnen Kantonen gilt die Schweiz nicht pauschal als Niedrigsteuerland i.S.v. § 2 Abs. 2 AStG. Vielmehr ist ein abstrakter Steuervergleich nach § 2 Abs. 2 AStG durchzuführen, um zu prüfen, ob die Zuzugsgemeinde als Niedrigsteuer“land“ qualifiziert werden kann. Eine Niedrigbesteuerung liegt vor, wenn der anwendbare Steuersatz, bezogen auf ein fiktives Vergleichseinkommen von 77.000 EUR, mehr als ein Drittel geringer ist als bei einer in Deutschland ansässigen natürlichen Person. Eine Vorzugsbesteuerung liegt zudem immer dann vor, wenn mit dem zuziehenden Steuerpflichtigen eine individuelle Pauschalbesteuerung vereinbart wurde. In beiden Fällen steht der steuerpflichtigen Person jedoch der Nachweis offen, durch einen konkreten Belastungsvergleich darzulegen, dass die von ihrem Einkommen insgesamt zu entrichtenden Steuern mindestens zwei Drittel der Einkommensteuer betragen, die sie bei unbeschränkter Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG zu entrichten hätte.
Qualifiziert die Besteuerung am neuen Wohnsitz der in die Schweiz zugezogenen Person als "niedrige Besteuerung" i.S.v. § 2 AStG, so unterliegt diese Person für das Jahr, in welchem die unbeschränkte Steuerpflicht geendet hat, sowie für die nachfolgenden zehn Jahre der erweitert beschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 AStG. Damit bleibt die weggezogene Person mit ihren Einkünften i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 EStG, die bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i.S.v. § 34d EStG sind, in Deutschland steuerbar. Art. 4 Abs. 4 DBA Schweiz/Deutschland führt grundsätzlich zu einer Verkürzung der Zehn-Jahres-Frist aus § 2 Abs. 1 S. 1 AStG auf fünf Jahre. Falls aber die natürliche Person pauschal besteuert wird und daher aufgrund von Art. 4 Abs. 6 DBA Schweiz/Deutschland nicht in der Schweiz als ansässig gilt, kommt die Zehn-Jahres-Frist zur Anwendung.
II. Besteuerung von Kapitalgewinnen aus der Veräußerung von wesentlichen Beteiligungen
Das DBA Schweiz/Deutschland folgt in Art. 13 Abs. 3 zunächst dem Grundsatz der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen im Wohnsitzstaat des Veräußerers. Jedoch bestimmt Art. 13 Abs. 4 DBA Schweiz/Deutschland, dass die bei einer vollständigen oder teilweisen Veräußerung wesentlicher Beteiligungen erzielten Gewinne auch im Ansässigkeitsstaat der Gesellschaft besteuert werden können, wenn der im anderen Vertragsstaat ansässige Veräußerer im Zeitraum von fünf Jahren vor der Veräußerung i.S.d. Art. 4 DBA Schweiz/Deutschland im Ansässigkeitsstaat der Gesellschaft ansässig war und der Gewinn aus der Veräußerung im Wohnsitzstaat des Veräußerers keiner Besteuerung unterliegt. In der Schweiz sind Kapitalgewinne aus der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Beteiligungen steuerfrei (Art. 16 Abs. 3 DBG, Art. 7 Abs. 4 lit. b StHG). Damit...