Die Frage nach dem anwendbaren materiellen Recht entscheidet sich danach, ob der Erblasser eine letztwillige Verfügung hinterlassen hat und ob bewegliches oder unbewegliches Vermögen vorhanden ist.
aa) Anwendbares materielles Recht bei Fehlen einer letztwilligen Verfügung
(1) Anwendungsbereich des Distribution Act 1958
Hat der Erblasser keine letztwillige Verfügung hinterlassen (Sec. 8 Distribution Act 1958 ["DA"]), bestimmt sich das anwendbare Erbrecht nach Sec. 4 DA.
Nach Sec. 2 DA ist der Anwendungsbereich des Gesetzes jedoch all jenen nicht eröffnet, die sich zum Islam bekennen. Stirbt ein muslimischer Erblasser ohne Testament, richtet sich die Verteilung seines Nachlasses nach muslimischem Erbrecht. Nachdem der Islam nach Art. 3 der malaysischen Verfassung zur Staatsreligion berufen ist und die demographische Mehrheit der malaysischen Bevölkerung dem islamischen Glauben angehört, ist der Anwendungsbereich der Sec. 4 DA innerhalb des Landes begrenzt.
(2) Vererben von Mobilien
Zum beweglichen Vermögen eines Erblassers gehören u.a. Geld, Aktien und Gesellschaftsanteile, Anteile am Vermögen von Personengesellschaften, (dingliche) Rechte, geistiges Eigentum, Forderungen und sämtliche weiteren nicht unbeweglichen Vermögensgegenstände sowie alle Anteile oder Beteiligungen an solchen Vermögensgegenständen. Das anwendbare Recht für bewegliches Vermögen bestimmt sich gem. Sec. 4 (1) DA nach dem domicile des Erblassers.
Der Begriff des domicile im Common Law ist nicht gleichbedeutend mit dem des Wohnsitzes nach dem BGB oder der ZPO, ebenfalls nicht mit dem Begriff des "gewöhnlichen Aufenthalts" i.S.d. EU-ErbVO. Eine Person hat stets nur ein domicile, woraus sich eine Konfliktlage für all diejenigen eröffnet, die ihr Zuhause in mehreren Staaten verorten. Das Gesetz weist jedem Menschen von Geburt an ein domicile zu, das als domicile of origin bezeichnet wird, welches sich von dem domicile eines Elternteils ableitet. Das domicile kann jedoch im Laufe des Lebens auch verändert werden. Es kann ein neues domicile als domicile of choice oder ein domicile of dependency begründet werden.
Das domicile of choice erfordert den tatsächlichen Umzug in ein anderes Land und die Absicht, dort dauerhaft zu bleiben. Eine vorübergehende Absicht, etwa für Arbeit oder Ausbildung, reicht auch bei längerer Dauer nicht aus. Das domicile of origin bleibt bestehen, bis ein neues domicile of choice erworben ist.
Das domicile of dependency richtet sich hingegen nach dem domicile des Unterhaltsschuldners und gilt für Unterhaltsberechtigte (Kinder, Ehepartner, geistig Behinderte).
Grundsätzlich trägt derjenige, der eine Veränderung eines vorherigen domiciles für sich in Anspruch nehmen möchte, die Beweislast. Dabei ist zu beachten, dass in der Praxis an den Nachweis des Wechsel eines domiciles sehr hohe Anforderungen gestellt werden. Daher wird das domicile des deutschen Erblassers häufig auch nach seinem Umzug nach Malaysia noch in Deutschland liegen, sodass nach malaysischem Kollisionsrecht hinsichtlich der beweglichen Nachlassgegenstände oftmals deutsches Erbrecht anwendbar sein wird.
(3) Vererben von Immobilien
Gem. Sec. 4 (2) DA richtet sich das anwendbare Erbrecht für Immobilien nach dem Belegenheitsort. Liegt die Immobilie in Malaysia, gilt malaysisches Erbrecht, was zu einer Nachlassspaltung führen kann, wenn andere Vermögensgegenstände deutschem Erbrecht unterliegen.
Fällt eine in Malaysia belegene Immobilie in den Nachlass, ist zu beachten, dass die Grundstücksübertragung den Bestimmungen des National Land Codes 1985 ("NLC") unterliegt. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass gem. Sec. 433B NLC die Zustimmung der Landesbehörden erforderlich ist, um Ausländern den Erwerb von Immobilien zu ermöglichen, wobei die Voraussetzungen je nach Bundesstaat variieren.
(4) Exkurs: Vererben von Gesellschaftsanteilen
Das Recht des domiciles (Sec. 4 (1) DA) entscheidet darüber, wem das Eigentum des Erblassers an den Anteilen einer Gesellschaft in welchem Verhältnis und in welcher Rangfolge zufällt. Ob jedoch die Rechtsnachfolge von Todes wegen in die Gesellschaftsanteile des Erblassers möglich ist, richtet sich nach dem vom Gesellschaftskollisionsrecht zur Anwendung berufenen Gesellschaftsecht. Nach den Grundsätzen des Common Law gilt in Malaysia traditionell die Gründungstheorie. Insofern unterliegen alle Angelegenheiten, die Teil der internen Verwaltung der Gesellschaft sind, grundsätzlich der Rechtsordnung, unter deren Bestimmungen die Gesellschaft erst gegründet worden ist. Dies hat zur Folge, dass malaysisches Gesellschaftsrecht allein in dem Fall Anwendung findet, wenn die Gesellschaft, deren Anteile es zu vererben gilt, als malaysische Gesellschaft gegründet worden ist. Auf in Deutschland gegründete Gesellschaften ist deutsches Gesellschaftsrecht anwendbar, unabhängig davon, wo die Gesellschaft ihren effektiven Verwaltungssitz zu verzeichnen hat.
Auf sachrechtlicher Ebene statuiert Sec. 70 Companies Act 2016 ("CA"), dass Gesellschaftsanteile an Kapitalgesellschaf...