Aufgrund des fehlenden Gleichlaufs zwischen dem deutschen und dem malaysischen Internationalen Privatrecht kann es zu einer Reihe von Konflikten hinsichtlich des anwendbaren Rechts kommen. Dieser Konflikte sollte man sich nach Möglichkeit bereits bei der Nachlassplanung bewusst sein, um verheerende Auswirkungen im Erbfall, die sich aus der Zugrundelegung des "falschen Rechts" ergeben, nachhaltig zu verhindern.
Die folgenden Beispiele bieten sich zur Illustration möglicher Divergenzen an. Ihnen liegt der eingangs erwähnte Fall eines deutschen Erblassers zugrunde, der seinen Wohnsitz nach Malaysia verlegt hatte und dessen Nachlass aus unbeweglichem und beweglichem Vermögen besteht, das sowohl in Deutschland als auch in Malaysia belegen ist. Vorausgesetzt wird in diesen Beispielen außerdem, dass aufgrund der Umstände des Einzelfalls sowohl deutsche als auch malaysische Gerichte von ihrer internationalen Zuständigkeit für die gesamte Erbsache ausgehen und der Erblasser keine Rechtswahl getroffen hat.
1. Erste Fallvariante: Gewöhnlicher Aufenthalt in Malaysia, domicile in Deutschland
In der ersten Fallvariante hatte der Erblasser zwar seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der EU-ErbVO in Malaysia. Sein letztes domicile lag jedoch weiterhin in Deutschland.
Da die Anerkennung eines domicile of choice einen Bleibewillen auf unbestimmte Zeit voraussetzt, ist eine solche Konstellation etwa dann denkbar, wenn sich der deutsche Erblasser aus beruflichen Gründen zwar schon seit Jahren in Malaysia aufhielt, aber immer die Absicht hatte, nach einiger Zeit wieder in die deutsche Heimat zurückzukehren.
a) Verhandlung vor einem deutschen Gericht
Wird die Erbsache vor einem deutschen Gericht verhandelt, erfolgt die kollisionsrechtliche Bewertung des Falles nach der EU-ErbVO. Gem. Art. 21 Abs. 1 EU-ErbVO wird die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen in den Nachlass des Erblassers dem Recht des Staates unterstellt, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt zu verzeichnen hatte. Insofern wäre das malaysische Recht auf die Vererbung sämtlicher Nachlassgegenstände anzuwenden.
Die Frage, ob die Verweisung gem. Art. 21 Abs. 1 EU-ErbVO auf malaysisches Recht auch dessen Kollisionsrecht einschließt oder allein dessen Sachrecht zur Anwendung beruft, beurteilt sich nach Maßgabe von Art. 34 Abs. 1 EU-ErbVO. Hiernach ist das Internationale Privatrecht Malaysias als Drittstaat anzuwenden, wenn die kollisionsrechtlichen Bestimmungen Malaysias ihrerseits eine Rechtsverweisung auf das Recht eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder das Recht eines weiteren Drittstaates vorsehen, welcher die Verweisung annehmen und sein eigenes Sachrecht auf den Fall anwenden würde. Hinsichtlich der in Deutschland belegenen Immobilie verweist das malaysische Kollisionsrecht gem. Sec. 4 (2) DA auf deutsches Recht. Aus Erwägungsgrund 57 zur EU-ErbVO ergibt sich, dass Rückverweisungen im Sinne des Art. 34 Abs. 1 EU-ErbVO akzeptiert werden, sodass die deutschen Gerichte hinsichtlich der in Deutschland zu vererbenden Immobilien deutsches Erbrecht anwenden werden. Sämtliche Mobilien unterstehen gem. Sec. 4 (1) DA ebenfalls dem deutschen Recht, sodass aufgrund der anzunehmenden Rückverweisung auch insoweit deutsches materielles Erbrecht auf den Fall anzuwenden ist.
Bezüglich der in Malaysia liegenden Immobilie findet nach Art. 21 Abs. 1 EU-ErbVO das malaysische Erbrecht direkt Anwendung. Es kommt somit hinsichtlich des anwendbaren Rechts zu einer Nachlassspaltung.
b) Verhandlung vor einem malaysischen Gericht
Gem. Sec. 4 (2) DA werden die in Malaysia belegenen Immobilien nach malaysischem Erbrecht an die Rechtsnachfolger vererbt.
Hinsichtlich der in Deutschland belegenen Immobilie und des beweglichen Vermögens geht das malaysische Kollisionsrecht von einer Anwendbarkeit des deutschen Rechts aus. Insoweit haben die malaysischen Gerichte zu entscheiden, ob sie allein deutsches Sachrecht oder zusätzlich die deutschen Kollisionsregeln auf den Fall anwenden.
aa) Praxis der Gerichte
Wenn ein Fall nach malaysischem Kollisionsrecht einem ausländischen Recht (vorliegend dem deutschen Recht) unterliegt, wendet das malaysische Gericht gerade im Kontext von Vertrags- oder Deliktsrecht normalerweise direkt die ausländischen sachrechtlichen Vorschriften an und lässt das ausländische Kollisionsrecht insofern außer Betracht. Das ausländische Internationale Privatrecht wurde in erster Linie in Fällen der Erbfolge betreffend bewegliche und unbewegliche Gegenstände in die Entscheidungsfindung einbezogen, welches Recht das "richtige" anzuwendende Recht ist. Auch spricht aus historischen Gesichtspunkten viel dafür, dass die malaysischen Gerichte die ausländischen Kollisionsregeln auf Fälle anwenden werden, die das Eigentum an im Ausland belegenen Mobilien und Immobilien betreffen. Final kann diese Frage jedoch von den Autoren nicht beantwortet werden.