Unter strahlend blauem Spätsommerhimmel und mit Blick auf’den malerischen Neckar fand am 20. und 21.9.2024 das 27.’Deutsche Erbrechtssymposium in Heidelberg statt. Die traditionsreiche Veranstaltung der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV) lockte wieder zahlreiche Experten aus ganz Deutschland in die altehrwürdige Universitätsstadt. Das Programm versprach hochaktuelle erbrechtliche Themen und praxisrelevante Erkenntnisse – ein Versprechen, das die namhaften Referenten mehr als erfüllten.
Nach der herzlichen Begrüßung durch FAErbR Jan Bittler, der alle Teilnehmer willkommen hieß, eröffnete RiOLG Holger Krätzschel die Vortragsreihe mit seinen fundierten Ausführungen zur Wechselbezüglichkeit von Verfügungen zugunsten naher Angehöriger, Patenkindern und nahestehenden Personen. Mit feinsinnigem Humor und scharfsinnigen Analysen führte er durch die komplexe Materie. Besonders eindrucksvoll waren seine Ausführungen zur Auslegungsproblematik bei Patchworkfamilien, wo er betonte, dass der Einzelfall und die konkreten Lebensumstände entscheidend seien. "Bei den meisten Erbstreitigkeiten geht es nicht ums Geld, sondern überwiegend um familiäre Zurücksetzung", fasste Krätzschel seine langjährige Erfahrung zusammen, um die emotionale Dimension solcher Fälle zu verdeutlichen.
Mit kritischem Blick analysierte er die Entscheidung des OLG Düsseldorf (11.4.2022 – 3 W 82/21), deren Begründung mit "der Lebenserfahrung" er als ungeeignete Basis für eine konsistente Rechtsprechung bezeichnete. Ausführlich ging er auch auf die wegweisende Entscheidung des OLG München (30.1.2024 – 33 Wx 191/23) ein, die sich mit der Wechselbezüglichkeit bei der Erbeinsetzung von Patenkindern befasste. Zum Abschluss schilderte Krätzschel anschaulich den "Zielkonflikt" für den Richter, eine Entscheidung lege artis zu begründen, auch wenn mitunter ein gewisses Störgefühl zurückbleibe, was der Erblasser tatsächlich gemeint haben könnte.
Im Anschluss referierte Dipl.-Rpfl. Daniel Kemter, Generalbevollmächtigter der Hoerner Bank AG, kenntnisreich über die Teilungsversteigerung im Erbrecht. Geschickt lenkte er den Fokus auf Grundbuch und Grundschuld und erläuterte anhand griffiger Beispiele taktische Optionen je nach Mandantenposition. Sein eindringlicher Rat an die Teilnehmer lautete: "Immer das Grundbuch genau analysieren." Kemters lebendige Darstellung ließ keinen Zweifel daran, welch zentrale Bedeutung einer sorgfältigen Aufarbeitung des Sachverhalts zukommt, um die Interessen der Mandanten optimal zu wahren. Detailliert ging er auf die Problematik nicht mehr valutierender Grundschulden bei Erbengemeinschaften ein und erläuterte die aktuelle Rechtsprechung des OLG Frankfurt (11.3.2024 – 21 W 16/24).
Einen thematischen Perspektivwechsel vollzog anschließend FAinErbR Dr. Eva Kreienberg mit ihrem Vortrag zu "§ 2079 BGB – alte Testamente und neue Familienmitglieder". Mit beeindruckender Klarheit stellte sie die verschiedenen Anfechtungsmöglichkeiten durch den Erblasser und Pflichtteilsberechtigte dar. Nachdrücklich betonte Kreienberg: "Grenze ist immer die Sittenwidrigkeit", als sie mögliche Wiederverheiratungsklauseln vorstellte. Zudem appellierte sie eindringlich, flankierende Inventarpflichten in Verfügungen von Todes wegen aufzunehmen, um späteren Streit unter den Beteiligten über den Nachlass von vornherein zu vermeiden. Ihre klaren Worte unterstrichen, wie wichtig präzise Formulierungen und vorausschauende Gestaltung in diesem Bereich sind. Ihre praxisnahen Fallbeispiele und klaren Handlungsempfehlungen machten den komplexen Stoff greifbar.
Die Mittagspause nutzten viele Teilnehmer nicht nur zur Stärkung, sondern auch für intensive fachliche Gespräche auf der sonnigen Terrasse mit Blick auf den Neckar. Die entspannte Atmosphäre bot beste Gelegenheit zum kollegialen Austausch und zur Vertiefung der Vormittagsthemen.
Der Nachmittag begann mit dem packenden Vortrag von FAErbR Dr. Stephan Rißmann zu den Rechten des Erben gegenüber dem Testamentsvollstrecker. Gekonnt spannte er den Bogen entlang des "Lebens" eines Testamentsvollstreckers und beleuchtete dessen Haupt- und Nebentätigkeiten. Besondere Aufmerksamkeit widmete er der Fragestellung, ob der Testamentsvollstrecker eine Immobilie freihändig verkaufen darf oder das Verfahren nach § 180 ZVG einhalten muss. Rißmanns Ausführungen regten zu einem angeregten Meinungsaustausch mit dem Publikum an und zeigten die praktische Relevanz dieser Problematik. Seine pointierten Thesen und treffenden Beispiele ließen keinen Zweifel daran, dass hier ein ausgewiesener Experte referierte, von dessen Erfahrungsschatz die Teilnehmer in hohem Maße profitierten.
Als nächster Referent betrat Prof. Dr. Jürgen Damrau das Podium, den FAErbR Michael Rudolf, Vorstand der DVEV, augenzwinkernd als "Urgestein des Erbrechts" vorstellte. Damrau konterte humorvoll, er sei wohl eher ein "Fossil", um dann mit seinem brillanten Vortrag zu beweisen, dass sein Wissen alles andere als versteinert ist. Mit innovativen ...