Einführung
Die Thematik Schenkungen ist oftmals bei Erbabwicklungen zu beachten. Kontenguthaben sind durch Verträge zugunsten Dritter verschenkt und Lebensversicherungen erhalten Dritte nach entsprechender Bezugsrechtseinräumung. Damit die Begünstigten die Leistungen erhalten bzw. behalten dürfen und nicht Rückforderungsansprüchen der Erben ausgesetzt sind, bedarf es eines wirksamen Schenkungsvertrags. Dieser kann zwar auch noch nach dem Erbfall bei einer "geheimen Schenkung" abgeschlossen werden. Wenn aber die Erben rechtzeitig widerrufen, wird die von dem Erblasser gewollte Schenkung zugunsten der Erben verhindert. Der Berater muss schnell handeln. Der Beitrag führt systematisch in das Thema ein.
I. Schenkungsvertrag
1. Grundsätzliches
Die Schenkung gem. den §§ 516 ff BGB als ein auf eine unentgeltliche Leistung gerichteter Vertrag, oder zwei übereinstimmende Willenserklärungen erfordert, erfolgt in den folgenden drei Schritten:
(1) Der Schenker bietet die Schenkung dem zu Beschenkenden an (Schenkungsversprechen bzw. Schenkungsangebot), was der notariellen Beurkundung bedarf (§ 518 Abs. 1 BGB). Der Zweck der Regelung besteht u. a. in einer sicheren Beweislage und schützt den Schenker vor einer vorschnellen Schenkung (Übereilungsschutz).
(2) Der zu Beschenkende hat das Angebot (konkludent) anzunehmen, und zwar entweder mündlich, schriftlich oder notariell beurkundet. Die Annahme ist entbehrlich, wenn eine solche Erklärung "nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist" (§ 151 Satz 1 BGB). Die Annahme ist auch nach dem Tod des Schenkers möglich: So bleibt ein Antrag auch dann gem. § 130 Abs. 2 BGB wirksam, wenn der Antragende zwischen Abgabe und Zugang verstirbt. Der Vertrag kann gem. § 153 BGB trotz des Todes des Antragenden zustande kommen.
(3) Für den noch erforderlichen Vollzug muss der Schenker dem Beschenkten den Schenkungsgegenstand übergeben. Dazu muss der Schenker die versprochene Leistung freiwillig an den Beschenkten bewirken. Der Leistungserfolg muss noch nicht eingetreten sein; es reicht aus, wenn der Schenker alles für den Eintritt des Vollzugs Erforderliche veranlasst hat.
2. Heilung durch Vollzug bei einem nicht notariell beurkundeten Schenkungsversprechen
Aufgrund der in der Praxis oftmals nicht vorgenommenen notariellen Beurkundung des Schenkungsversprechens sind solche Schenkungsverträge gem. § 125 BGB zunächst formunwirksam. Sie werden aber durch Vollzug geheilt (§ 518 Abs. 2 BGB):
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Bei Gegenständen besteht der Vollzug in der Übergabe des Gegenstands (§§ 929 ff BGB). Alternativ ist auch ein heilender Vollzug anzunehmen, wenn beide Beteiligte etwa ein Leihverhältnis dahingehend vereinbaren, dass der Schenker den Gegenstand weiterhin nutzen kann, aber dieser dem Beschenkten schon gehört (Besitzkonstitut gem. § 930 BGB). |
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Forderungen können formlos abgetreten werden, wie etwa durch eine mündliche oder schriftliche Erklärung bzw. durch Übergabe eines Sparbuchs (§ 398 BGB). |
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Der schenkweise Erlass einer Forderung wird durch einen formlos wirksamen Erlassvertrag gem. § 397 BGB vollzogen. |
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Der Vollzug einer zu übertragenden Immobilie wird mit der bindend gewordenen Auflassung gem. § 873 BGB bewirkt. Der nicht notariell beurkundete und damit unwirksame Schenkungsvertrag wird erst mit der Eintragung im Grundbuch wirksam. |
Eine zu Lebzeiten des Schenkers formunwirksame Schenkung kann auch noch durch Vollzug nach dem Tod des Schenkers gem. § 518 Abs. 2 BGB geheilt werden. Die Übergabe ist auch seitens des Schenkers durch einen Bevollmächtigten oder Boten möglich. Der zu Beschenkende kann den Vollzug selbst herbeiführen, wenn er entsprechend unter Befreiung von § 181 BGB vom Schenker bevollmächtigt wurde.
In diesen Fällen kann es zum Wettlauf zwischen dem Erben und Bevollmächtigten/Boten kommen: Wenn der Erbe das Angebot des Schenkers, den Auftrag zu seiner Überbringung oder die postmortale Vollmacht widerrufen hat, bleibt die Schenkung dauerhaft formunwirksam und damit unwirksam. Der Widerruf ist so lange möglich, wie das Angebot noch nicht angenommen (§ 130 Abs. 1 Satz 2 BGB) bzw. bei ein...