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Bei nahezu jedem Erbfall spielt Bankvermögen (d. h. Wertpapierdepots und Einlagen) eine bedeutende Rolle. In der Praxis zeigt sich ein zunehmender Beratungsbedarf im Spannungsfeld zwischen Bank- und Erbrecht. Dieser Trend wird aufgrund des demografischen Wandels wohl auch noch einige Zeit andauern. So werden bis 2020 allein für Deutschland 6 Millionen Erbfälle mit einem Vermögensvolumen von insgesamt 2,5 Billionen EUR prognostiziert. Rund 43 % des vererbten Vermögens entfällt auf Geldvermögen. Der Großteil des Geldvermögens der Deutschen entfällt auf das Vermögen bei Banken.
I. Einleitung
Bei einer Vielzahl von Mandaten zeigt sich, dass Probleme, die sich nach dem Tod des Erblassers ergeben und oft zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung führen, durch eine aktive Nachlassplanung vermieden worden wären. Um Mandanten bei der Errichtung letztwilliger Verfügungen umfassend zu beraten, sollten die Besonderheiten des Bankvermögens entsprechend und rechtzeitig berücksichtigt werden. Auch nach einem Erbfall stellen sich bei der Nachlassabwicklung besondere Fragen in Bezug auf das Bankvermögen wie z. B. die Legitimation der Erben gegenüber der Bank, der Geltung und Reichweite von Vollmachten und die Verfügungsbefugnis über Bankguthaben.
II. Lebzeitige Gestaltungen
1. Vollmachten
a) Erleichterung der Nachlassabwicklung
Die Erteilung von trans- und postmortalen Vollmachten an den bzw. die künftigen Erben erleichtert die Nachlassabwicklung im Bankenverkehr. Zu unterscheiden ist nach dem zeitlichen Geltungsbereich der Vollmachten zwischen der transmortalen Vollmacht, die bereits mit der Erteilung durch den Vollmachtgeber wirksam wird und über dessen Tod hinaus wirksam bleibt, und der postmortalen Vollmacht, deren Wirksamkeit aufschiebend bedingt ist auf den Eintritt des Todes des Vollmachtgebers. Durch die Fortdauer der Vollmacht über den Tod des Vollmachtgebers hinaus kann der bevollmächtigte Erbe auch ohne Testamentseröffnung bzw. ohne oder bis zum Vorliegen eines Erbscheins über das Bankvermögen verfügen. Erforderlich ist hierzu bei der postmortalen Vollmacht nur der Nachweis des Todes des Vollmachtgebers durch Vorlage einer Sterbeurkunde.
b) Umfang der Verfügungsbefugnis des transmortal Bevollmächtigten
(1) Verfügung über Bankguthaben
Mittels der transmortalen Vollmacht kann der Bevollmächtigte (sogar schon zu Lebzeiten des Vollmachtgebers) über Bankguthaben verfügen und Guthaben des Erblassers auf ein eigenes Konto übertragen. Sofern keine Anhaltspunkte für einen evidenten Missbrauch der Vollmacht vorliegen, hat die Bank die Weisungen des Bevollmächtigten unverzüglich auszuführen. Sie ist nicht berechtigt, die Zustimmung des Erben abzuwarten oder ihm durch ein Zurückstellen der Ausführung der Überweisung den Widerruf der postmortalen Vollmacht zu ermöglichen. Insbesondere ist die Bank nicht verpflichtet (und auch nicht berechtigt) zu prüfen, ob der Bevollmächtigte im Innenverhältnis gegen die Interessen des Vertretenen verstößt. Mit dem Erbfall kann das Interesse des Erben an die Stelle des Erblassers treten und vom Bevollmächtigten zu beachten sein. Die Bank trifft aber – mit Ausnahme von Evidenzfällen – keine Pflicht, das Innenverhältnis zu prüfen. Alleine die Überweisung des Kontoguthabens auf ein eigenes Konto des Bevollmächtigten begründet keinen Missbrauchsverdacht, da die Überweisung auch dem Vollzug einer (formunwirksamen) lebzeitigen Schenkung dienen kann.
Überweisungen auf das eigene Konto des Bevollmächtigten sind zwar möglich und von der Bank auszuführen, wenn der Erbe die Vollmacht nicht rechtzeitig widerruft. Damit steht jedoch nicht fest, dass der Bevollmächtigte die überwiesenen Guthaben auch rechtmäßig erlangt hat und behalten darf. Der mittels einer Bankvollmacht Bevollmächtigte, der aufgrund einer Schenkung des Vollmachtgebers Beträge von dessen Konto abhebt, trägt im Rückforderungsprozess die Beweislast für die Behauptung, er habe mit dem Willen des Vollmachtgebers das formnichtige Schenkungsversprechen vollzogen. Prozessual trägt zwar grundsätzlich der herausverlangende Kläger die Darlegungs- und Beweislast, für das Schenkungsversprechen trägt sie hingegen der angeblich Beschenkte. Alleine die Vollmachtserteilung genügt hierfür nicht, da sie nur das Verhältnis zur Bank betrifft. Nachzuweisen ist, dass die Abhebung eine Schenkung mit Wissen und Wollen des Vollmachtgebers vollzieht. Der Empfänger eines formnichtigen Schenkungsversprechens muss daher darlegen und nachweisen, dass die Leistung mit Wissen und Wollen des Leistenden bewirkt (und der Formmangel damit geheilt) worden ist.