Leitsatz
Ordnet der Erblasser ohne weitere Vorbehalte Testamentsvollstreckung an, so ist die Geltendmachung und Verfolgung eines in den Nachlass fallenden Pflichtteilsanspruchs von der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers umfasst.
BGH, Urteil vom 5. November 2014 – IV ZR 104/14
Sachverhalt
Die Klägerin begehrt als Testamentsvollstreckerin über den Nachlass des (...) im Folgenden: Erblasser) von den Beklagten im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft über den Bestand des Nachlasses der am 8. August 2008 verstorbenen Mutter des Erblassers und der Beklagten. Diese hatte den Erblasser mit Testament vom 25. Dezember 2003 enterbt. Die Beklagten sind ihre Erben.
Der Erblasser errichtete am 15. Februar 2010 ein handschriftliches Testament, in welchem er unter anderem die Klägerin zu 1/4 als Erbin einsetzte. Ferner ordnete er Testamentsvollstreckung an und ernannte die Klägerin zur Testamentsvollstreckerin. Der Erblasser, der bereits seit mehreren Jahren psychisch labil war, schied am 2. März 2010 durch Suizid aus dem Leben. Der Klägerin wurde am 10. August 2010 ein Testamentsvollstreckerzeugnis ohne gegenständliche Beschränkungen erteilt. Sie macht gegen die Beklagten den Pflichtteilsanspruch des Erblassers nach seiner Mutter geltend. Diese berufen sich darauf, die Klägerin sei als Testamentsvollstreckerin hierzu nicht befugt. Ferner habe der Erblasser noch zu Lebzeiten auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs verzichtet.
Das Landgericht hat der Klage durch Teilurteil bezüglich des Auskunftsanspruchs stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Klagabweisungsantrag weiter.
Aus den Gründen
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Pflichtteilsanspruch unterliege als Geldsummenanspruch der Verwaltung des Testamentsvollstreckers iSv § 2205 BGB. Er sei gemäß § 2317 Abs. 2 BGB vererblich und übertragbar. Auch der Sinn und Zweck des Pflichtteilsanspruchs sowie weiterer gesetzlicher Normen spreche nicht dafür, dass er nur von dem Pflichtteilsberechtigten selbst geltend gemacht werden könne. Aus den erstinstanzlich festgestellten Tatsachen ergebe sich auch kein Verzicht des Erblassers auf sein Pflichtteilsrecht. Bereits aus den Angaben des Beklagten zu 2 folge, dass sich der Erblasser allenfalls im Sinne eines "Stillhalteabkommens" geäußert, jedoch auf den Pflichtteilsanspruch nicht verzichtet habe. Da die Beklagten mithin einen Verzicht nicht bewiesen hätten, komme es auf die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der gegenbeweislich benannten Zeugen nicht mehr an. Im Übrigen enthielten die Angriffe der Berufung gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts keine Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der festgestellten Tatsachen begründeten.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der dem Erblasser zustehende Pflichtteilsanspruch nach dem Tod seiner Mutter der Verwaltung der Klägerin als Testamentsvollstreckerin unterliegt.
a) Gemäß § 2212 BGB kann ein der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes Recht nur von dem Testamentsvollstrecker geltend gemacht werden. Der Testamentsvollstrecker hat nach § 2205 Satz 1 BGB den Nachlass zu verwalten. Hierunter fällt der gesamte Nachlass des Erblassers (vgl. MüKo-BGB/Zimmermann, 6. Aufl., § 2205 Rn 6). Gemäß § 2208 Abs. 1 Satz 1 BGB hat der Testamentsvollstrecker die in den §§ 2203 bis 2206 BGB bestimmten Rechte nicht, soweit anzunehmen ist, dass sie ihm nach dem Willen des Erblassers nicht zustehen sollen. Eine derartige Beschränkung der Verwaltungsbefugnis der Klägerin hat der Erblasser in seinem Testament vom 15. Februar 2010, in dem ohne weitere Einschränkung Testamentsvollstreckung angeordnet wurde, nicht vorgenommen. Der Pflichtteilsanspruch wird in dem Testament nicht erwähnt.
b) Nicht von der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers umfasst werden höchstpersönliche Rechte, die mangels Vererblichkeit bereits nicht in den Nachlass fallen (vgl. Staudinger/Reimann, (2012) § 2205 BGB Rn 17). Hierzu gehört der Pflichtteilsanspruch nicht. Dieser ist nach der ausdrücklichen Regelung in § 2317 Abs. 2 BGB vererblich und übertragbar. Der Pflichtteilsanspruch stellt auch keinen sonstigen Vermögensbestandteil dar, der zwar in den Nachlass fällt, infolge seiner Rechtsnatur aber nur von dem Erben und nicht von dem Testamentsvollstrecker geltend gemacht werden kann. Derartige nicht unter die Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers fallende Rechtspositionen stellen etwa der Anteil der Miterben am Nachlass als solchem (vgl. Senatsurteil vom 9. Mai 1984 – IV a ZR 234/82, NJW 1984, 2464 unter 2), die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft (vgl. Staudinger/Reimann, (2012) § 2205 BGB Rn 18) oder die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung gemäß §§ 2078 ff BGB (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 1962 – V ZR 157/61, NJW 1962, 1058, 1059; MüKo-BGB/Zimme...