Das Erbscheinsverfahren ist FG-Verfahren. Damit gilt nach § 26 FamFG der Amtsermittlungsgrundsatz, und zwar für Zulässigkeits- wie für Begründetheitsfragen des Antrags.
Daher hat das Nachlassgericht die entscheidungserheblichen Tatsachen unter Ausschöpfung aller ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen aufzuklären. Dies bedeutet aber nicht, dass das Gericht allen nur denkbaren Möglichkeiten von Amts wegen nachgehen müsste. Vielmehr besteht eine Aufklärungs- und Ermittlungspflicht nur dann, wenn das Vorbringen der Beteiligten oder der Sachverhalt bei sorgfältiger Überlegung dazu Anlass geben. Ausnahmetatbestände (wie die Testierunfähigkeit, siehe noch unten) sind nur dann zu untersuchen, wenn für ihr Bestehen gewisse, nicht ganz entfernt liegende Anhaltspunkte – zum Bespiel, aber nicht nur durch Parteivortrag – erkennbar sind. Im Erbscheinsverfahren besteht kein Verbot von Ausforschungsbeweisen; willkürlichen Behauptungen ins Blaue hinein muss das Gericht aber nicht nachgehen.
Hierbei entscheidet das Nachlassgericht unter Berücksichtigung des Vortrags des Antragstellers und der übrigen Beteiligten nach pflichtgemäßem Ermessen über Art und Umfang der Ermittlungen und der Beweisaufnahme. Dabei erhebt es nach § 29 Abs. 1 S. 1 FamFG die erforderlichen Beweise, ohne an die Beweisanträge oder die angebotenen Beweismittel gebunden zu sein, da es keine subjektive oder formelle Beweisführungslast gibt (s. o.). Die Ermittlungen sind solange fortzusetzen und soweit auszudehnen, bis der Sachverhalt aufgeklärt ist, bzw. keine weiteren entscheidungserheblichen Ergebnisse mehr zu erwarten sind bzw. es den Sachverhalt für genügend geklärt erachtet. Letzterenfalls geht es nicht um eine "mathematische Gewissheit". Ist keine weitere Aufklärung zu erwarten, so greift die auch im Erbscheinsverfahren geltende objektive oder materielle Feststellungslast: Wer diese Beweislast trägt, zu dessen Lasten geht die Unaufklärbarkeit.
Der Amtsermittlungsgrundsatz korreliert mit einer Verfahrensförderungslast des Antragstellers, iRd er zu weiteren wahrheitsgemäßen (§ 27 Abs. 2 FamFG) Angaben verpflichtet ist. Er muss vor allem dann verstärkt mithelfen, den Sachverhalt zu ermitteln, wenn die erforderlichen Informationen für das Nachlassgericht schwer zu beschaffen sind (z. B. wenn es sich um höchstpersönliche Urkunden handelt), oder wenn die Urkunden oder Informationen für den Antragsteller leichter zu beschaffen sind als für das Nachlassgericht. Stellen sich umgekehrt Beweisschwierigkeiten für den Antragsteller ein, so besteht eine erhöhte Verpflichtung des Nachlassgerichts zu eigenen Ermittlungen zur Begründung der richterlichen Überzeugung von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit einer für die Entscheidung wesentlichen Tatsache. Solange das Nachlassgericht andere Erkenntnisquellen nutzen kann, ist es dem Antragsteller nicht zuzumuten, weitere unverhältnismäßige Schwierigkeiten in der Beweisführung auf sich zu nehmen. Verstößt der Antragsteller umgekehrt gegen seine Mitwirkungspflichten, so reduzieren sich die Amtsermittlungspflichten des Gerichts.