Der Erbverzicht iSd §§ 2346–2352 BGB, also der zu Lebzeiten des Erblassers mit diesem vertraglich vereinbarte Verzicht auf das gesetzliche Erbrecht (§ 2346 Abs. 1 S. 1 BGB, Erbverzicht ieS), auf den Pflichtteil (§ 2346 Abs. 2 BGB, Pflichtteilsverzicht) oder auf testamentarische oder erbvertragliche Zuwendungen (§ 2352 BGB, Zuwendungsverzicht) ist ein vertragliches, erbrechtliches abstraktes Verfügungsgeschäft zwischen dem Erblasser und einem Erb- oder Pflichtteilsberechtigten bzw. einem eingesetzten Erben oder Vermächtnisnehmer unter Lebenden auf den Todesfall. Gegenstand des Verzichts ist nämlich die bloße Chance, mit dem Tod des (vom Verzichtenden zu überlebenden) Erblassers nach diesem Erbe zu werden bzw. den schuldrechtlichen Pflichtteilsanspruch zu erwerben, nicht dagegen ein Anwartschaftsrecht oder der künftige Pflichtteilsanspruch. Nach ganz hM kann ein Erbverzicht unter Vorbehalt des Pflichtteils erklärt werden, also nur auf den gesetzlichen Erbteil beschränkt, und somit der Pflichtteil abweichend von der gesetzlichen Vermutungsregel in § 2346 Abs. 1 S. 2 aE vorbehalten werden.
Unmittelbare Wirkung des Erbverzichts ist, dass der Verzichtende so von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, wie wenn er zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebte, § 2346 Abs. 1 S. 2 HS. 1 BGB. Der auf sein gesetzliches Erbrecht Verzichtende hat kein Pflichtteilsrecht, § 2346 Abs. 1 S. 2 HS. 2 BGB, es sei denn, dass er sich den Pflichtteil vorbehalten hat. Unmittelbare Wirkung des Pflichtteilsverzichts ist, dass er im Hinblick auf den Verzichtenden den Pflichtteil daran hindert, im Erbfall (des Erblassers) zu entstehen. Der Erblasser ist jedoch weder durch einen Pflichtteilsverzicht noch durch einen Verzicht auf das gesetzliche Erbrecht daran gehindert, den Verzichtenden zum Erben einzusetzen.
Von dem Gegenstand des Verzichts und seiner unmittelbaren Wirkung zu unterscheiden ist die Frage nach seinen Fernwirkungen. Mangels höchstrichterlicher Stellungnahme kontrovers diskutiert wird der Verlust von Rechtspositionen des Verzichtenden, insbesondere bei den Verteidigungsrechten nach den §§ 2318, 2319, 2328 BGB und im Unterhaltsrecht (nachehelicher bzw nachpartnerschaftlicher Unterhalt, § 1586 b BGB, ggf iVm § 16 LPartG). Im Höferecht (Nachabfindungsanspruch nach § 13 HöfeO) ist die Fernwirkung vom BGH anerkannt. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass diese Fernwirkungen, wenn überhaupt, nur dann eintreten können, wenn der Verzicht den Pflichtteil erfasst. Wird ein Erbverzicht unter Vorbehalt des Pflichtteils erklärt, so stellt sich die Problematik der Fernwirkungen nicht.