Leitsatz
Versäumt ein Nachlassgläubiger im Rahmen des Aufgebotsverfahrens zur Ausschließung von Nachlassgläubigern den Anmeldezeitpunkt, so ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht möglich.
Eine Forderungsanmeldung ist auch dann noch rechtzeitig erfolgt, wenn sie vor Erlass des Ausschließungsbeschlusses bei dem zuständigen Gericht eingeht. Der Ausschließungsbeschluss gilt mit Übergabe an die Geschäftsstelle als erlassen.
BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2016 – IV ZB 37/15
Sachverhalt
Der Beteiligte zu 1 hat als Alleinerbe des im Jahr 2013 zum 31.12.1990, 24:00 Uhr, für tot erklärten Erblassers, seines Vaters, das Aufgebot zur Ausschließung von Nachlassgläubigern beantragt. Das Amtsgericht hat nach Aufforderung der Nachlassgläubiger, ihre Forderungen gegen den Nachlass bis spätestens zum 12.3.2015 anzumelden, der Beteiligten zu 2 die von ihr angemeldete Forderung in Höhe von 386.352,42 EUR vorbehalten und weitere Nachlassgläubiger ausgeschlossen. Der durch Übergabe an die Geschäftsstelle am 23.3.2015 erlassene Ausschließungsbeschluss ist durch Aushang an der Gerichtstafel vom 10.4.2015 bis zum 18.5.2015 öffentlich zugestellt worden.
Mit Telefax vom 10.6.2015 haben die Beteiligten zu 3 und 4 dem Amtsgericht angezeigt, dass sie Eigentümer einer Mietwohnung seien, die vom Erblasser und seiner Lebensgefährtin bewohnt worden sei, sowie dass die Beteiligte zu 2 wegen zu Unrecht erbrachter Rentenzahlungen nach dem Tode des Erblassers von ihnen Mieten für den Zeitraum von Januar 2003 bis November 2010, die vom Konto des Erblassers an sie überwiesen worden seien, zurückfordere. Zugleich haben sie den Erstattungsbetrag, den die Beteiligte zu 2 beanspruche, als "Regressforderung" angemeldet. Am 2.7.2015 haben sie weiter mitgeteilt, dass ihre Eingabe als Beschwerde gegen den Ausschließungsbeschluss gewertet werden soll, und hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, da ihnen das Aufgebotsverfahren erst durch Einsicht in Teile der bei der Beteiligten zu 2 geführten Akten, die ihnen am 9.6.2015 zugegangen seien, bekannt geworden sei.
Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde begehren die Beteiligten zu 3 und 4 die Berücksichtigung der von ihnen angemeldeten Forderung im Aufgebotsverfahren.
Aus den Gründen
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung unter anderem in ZEV 2016, 197 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, die Beschwerde sei zulässig. Die Beteiligten zu 3 und 4 seien beschwerdeberechtigt. Zwar sei nicht eindeutig, ob sie ihre Forderung auf eigenes Verhalten des Beteiligten zu 1, auf einen möglichen Ausgleich unter mehreren Schuldnern gemäß § 118 Abs. 4 SGB VI oder seine Erbenstellung stützen wollen. Für die Beschwerdeberechtigung reiche es aber aus, dass der Anmeldende für den Fall der Ausschließung seiner Forderung ernsthaft mit Rechtsnachteilen zu rechnen habe. Dies sei hier jedenfalls insoweit der Fall, als die Beteiligten zu 3 und 4 einen Anspruch möglicherweise darauf stützen könnten, dass der ursprünglich mit dem Erblasser begründete Mietzinsanspruch mangels Erfüllung fortbestehe. Die Beschwerde sei jedoch unbegründet, da die Beteiligten zu 3 und 4 die in § 438 FamFG normierte Anmeldefrist versäumt hätten. Für die Rechtzeitigkeit der Anmeldung komme es auf den Erlass, nicht auf die Rechtskraft des Ausschließungsbeschlusses an.
Den Beteiligten zu 3 und 4 könne auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, da dies im Fall der Frist des § 438 FamFG nicht möglich sei. Die Verlängerung der Wiedereinsetzungsfrist in § 439 Abs. 4 S. 1 FamFG betreffe die Beschwerde-, nicht aber die Anmeldefrist. Materiell-rechtliche und gerichtlich gesetzte Fristen fielen grundsätzlich nicht unter den Begriff der gesetzlichen Frist im Sinne des § 17 Abs. 1 FamFG. Auch sei es dem Gesetzgeber mit § 439 Abs. 4 S. 1 FamFG ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien allein um die Ausweitung der Beschwerdemöglichkeit, nicht aber darum gegangen, einem ordnungsgemäß zustande gekommenen Beschluss nachträglich die Grundlage zu entziehen.
Die abweichende überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum widerspreche Sinn und Zweck des Aufgebotsverfahrens, dem Erben einen Überblick über die Nachlassverbindlichkeiten zu verschaffen, um ihm die Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob und wie er die Haftung beschränken müsse. Die ausgeschlossenen Nachlassgläubiger seien auch nicht rechtlos, da der Ausschließungsbeschluss nicht zum Forderungsverlust führe und bei unredlichem Vorgehen des antragstellenden Erben die durch § 439 Abs. 4 S. 2 FamFG erweiterte Möglichkeit der Wiederaufnahme nach § 48 Abs. 2 FamFG, §§ 578 ff ZPO verbleibe.
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung stand.
a) Den Beteiligten zu 3 und 4 fehlt es – anders als der Beteiligte zu 1 meint – nicht an der erforderlichen Beschwerdeberechtigung.
Beschwerdeberechtigt ist gemäß § 59 Abs. 1 FamFG derjenige, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Di...