Das OLG Schleswig hatte sich mit der Frage der Wechselbezüglichkeit einer gewillkürten Ersatzschlusserbeneinsetzung zu beschäftigen. Hier hatten Ehegatten sich zunächst wechselseitig zu Erben eingesetzt und zum Erben des Längstlebenden die Tochter der längerlebenden Ehegattin aus erster Ehe, ersatzweise den einzigen Neffen der Erblasserin eingesetzt. Diese hatte dann nach dem Tode ihres zweiten Ehemanns eine Nachbarin zur Erbin eingesetzt.
Der zu entscheidende Sachverhalt betraf also eine gewillkürte Ersatzerbfolge, die sich nicht aus § 2069 BGB ergibt. In den Entscheidungsgründen wird zunächst dargelegt, dass die Erbeinsetzung der Tochter der Erblasserin aus erster Ehe wechselbezüglich gewesen ist. Das wird damit begründet, dass in dem gemeinschaftlichen Testament ausdrücklich von "unserer Tochter" die Rede ist, wenngleich der zweite Ehemann der Erblasserin die Tochter nie adoptiert hat, jedoch ab einem Alter von fünf Jahren als zweiter Ehegatte mit erzogen hat zu. Das OLG meint, der soeben zitierte Wortlaut ("unsere ...") spreche in aller Deutlichkeit für eine Wechselbezüglichkeit. Das wird damit begründet, dass man zwar bei entfernterer Verwandtschaft unter Ehegatten gelegentlich gedankenlos und der Einfachheit halber von "unserer" Verwandtschaft spreche, dies sei aber bei einem Eltern-Kind-Verhältnis kaum vorstellbar, denn es müsse jedem Ehegatten bewusst sein, dass es sich hier nicht um das eigene Kind handelt. Der zweite Ehemann sei "faktischer Vater" gewesen. Darüber hinaus wurde ein besonderes Näheverhältnis zwischen Stiefvater und Tochter bejaht.
Konnte das aber auch für die Einsetzung des Neffen der Erblasserin gelten? Auch hier war die Rede von "unserem Neffen". Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch spricht das aber bei weiter entfernt liegender Verwandtschaft nicht unbedingt dafür, daraus eine Wechselbezüglichkeit herzuleiten. In der Entscheidung wird jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Frage der Wechselbezüglichkeit für jede Verfügung gesondert geprüft werden muss. Dies müsse anhand des Gesamtzusammenhangs des Testamentsinhalts erfolgen. Aus einer solchen Prüfung könne sich ergeben, dass einzelne Verfügungen vor dem Hintergrund der anderen Verfügungen als wechselbezüglich verstanden werden müssten. Darin liege keine Durchbrechung des Grundsatzes der selbstständigen Prüfung jeder einzelnen letztwilligen Verfügung auf Wechselbezüglichkeit. Vielmehr verlange die Anwendung allgemeiner Auslegungsgrundsätze auf die fragliche Verfügung auch deren Auslegung in systematischer Hinsicht. Diese Auslegung ergab im vorliegenden Sachverhalt, dass auch die Ersatzerbeneinsetzung als wechselbezüglich gelten musste, denn die Beteiligten haben in dem Testament unmittelbar nach der Schlusserbeneinsetzung der Tochter die Ersatzschlusserbeneinsetzung des Neffen vorgenommen, was auf eine gedankliche Gleichbehandlung beider Erben durch den Erblasser hingedeutet hat. Hinzu kamen die durch eine Beweisaufnahme näher aufgeklärten familiären engen Beziehungen. Letztlich stritt für eine Wechselbezüglichkeit die mehrfache Äußerung der Erblasserin, dass die von ihr später vorgenommene Änderung des Testaments auch im Sinne ihres verstorbenen Ehemanns sei. Das nahm der Senat zur Veranlassung, die Vorstellungen der Ehegatten auf den Zeitpunkt der Testamentserrichtung zu beleuchten. Hätte es insoweit bei der Errichtung des gemeinschaftlichen Testamentes im Belieben eines jeden Ehegatten gestanden, einen neuen Ersatzerben einzusetzen, so wäre es nicht darauf angekommen, ob die Auswechslung des ursprünglich vorgesehenen Ersatzschlusserben im Sinne des verstorbenen Ehegatten war oder nicht. War die Einsetzung des Ersatzschlusserben hingegen bindend für die Erblasserin, musste sie sich für die an sich ausgeschlossene Testamentsänderung rechtfertigen. So wurde aus dem vermeintlich günstigen Argument für den sich auf die Bindungswirkung berufenden Erben ein Bumerang.