3.6.1
a) Gemäß § 2268 BGB ist ein gemeinschaftliches Testament in den Fällen des § 2077 BGB seinem ganzen Inhalt nach unwirksam.
Der Grund für diese Regelung ist die Annahme, dass Eheleute im Regelfall vom Bestand der Ehe bis zum Tod des Ehegatten ausgehen. Es soll der Lebenserfahrung entsprechen, dass sie ein gemeinschaftliches Testament nicht errichtet hätten, wenn sie mit dem Scheitern ihrer Ehe gerechnet hätten. Die Verweisung auf § 2077 BGB erweitert die in § 2077 BGB angeordnete Unwirksamkeit einer einseitigen letztwilligen Verfügung bei Auflösung der Ehe vor dem Tod des Erblassers auf gemeinschaftliche Testamente. Die Unwirksamkeit erstreckt sich auf das gesamte gemeinschaftliche Testament, nicht etwa nur auf wechselbezügliche Verfügungen, sondern sogar auch auf Verfügungen zugunsten Dritter. Stirbt ein Ehegatte während des laufenden Scheidungsverfahrens, wird das gemeinschaftliche Testament unwirksam, wenn es der verstorbene Ehegatte war, der die Scheidung der Ehe beantragt hat, ihr zugestimmt hat oder eine begründete Aufhebungsklage erhoben hatte. Es ist eben nicht der Fall erfasst, dass der Ehegatte, gegen den der Scheidungsantrag sich gerichtet hat und der der Ehescheidung nicht zugestimmt hat, zuerst verstirbt. Man mag diese Konsequenz für unsinnig und für nicht verständlich halten, die Gesetzessystematik ist aber eindeutig.
3.6.2
b) Um von den Zufälligkeiten eines Ehescheidungsverfahrens nicht abhängig zu sein, empfiehlt es sich, im Rahmen gemeinschaftlicher Testierungen die Unwirksamkeit vorzuverlegen und beispielsweise allein davon abhängig zu machen, dass einer der beteiligten Eheleute einen Ehescheidungsantrag gestellt hat.
3.6.3
c) Mit der Frage, ob sich die Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments nach erfolgter Scheidung mit der Wiederverheiratung der Ehegatten wieder einstellt, hatte sich das OLG Hamm zu beschäftigen. In dieser Entscheidung wird auch die Auffassung der Literatur zitiert, die vertritt, dass ein gemeinschaftliches Testament im Falle der Wiederverheiratung immer wirksam bleibt. Mit überzeugender Begründung lehnt das OLG Hamm diese Auffassung jedoch ab, denn ein einmal unwirksam gewordenes Testament kann mit einer Wiederverheiratung nicht wieder wirksam werden. Würde man aber von einer uneingeschränkten Wirksamkeit ausgehen, dann entsteht damit ein unauflösbarer Widerspruch, wenn einer der geschiedenen Eheleute eine anderweitige, den gemeinsamen wechselbezüglichen Verfügungen widersprechende letztwillige Verfügung treffen würde.
Anderes mag nur in den Fällen gelten, in denen durch eine ergänzende Auslegung des Testaments die Feststellung erlaubt wäre, dass die Testierenden die Wirksamkeit ihres Testaments auch für den Fall der Auflösung ihrer Ehe gewollt haben, wie das in § 2268 Abs. 2 BGB vom Gesetzgeber ja auch vorgesehen ist. Dieser sogenannte Fortgeltungswille erstreckt sich auch auf die Wechselbezüglichkeit. Allerdings wird man bei der Annahme eines die Bindungswirkung erfassenden Fortgeltungswillens bei einem gemeinschaftlichen Testament zurückhaltend sein müssen. Zutreffend angenommen wurde das etwa in dem Fall, dass gemeinschaftliche Kinder sogleich nach dem Erstversterbenden als Erben eingesetzt worden sind.
Zum Teil wird vertreten, dass eine Wechselbezüglichkeit, die über die Eheauflösung hinaus zum Zuge kommen soll, nur erbvertraglich vereinbart werden kann. Hält man sich vor Augen, dass für die Frage des Fortgeltungswillens auf den Zeitpunkt der Testamentserrichtung abzustellen ist, wird es in aller Regel schwer bis unmöglich werden, einen derartigen Fortgeltungswillen bei einem gemeinschaftlichen Testament, das ja nun einmal der Natur nach der Widerruflichkeit unterliegt, anzunehmen.