Die nach § 18 Abs. 1, § 71 Abs. 1 und § 73 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde gegen die ergangene Zwischenverfügung (vgl. § 18 Abs. 1 GBO) hat überwiegend Erfolg.

1. Nach § 35 Abs. 1 GBO kann der Nachweis der Erbfolge nur durch einen Erbschein geführt werden. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist – wie hier in einem Ehe- und Erbvertrag (§§ 1410, 2276 BGB) –, so genügt es, wenn anstelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 GBO). Das Grundbuchamt kann jedoch die Vorlegung des Erbscheins verlangen, wenn die Erbfolge durch diese Urkunden nicht als nachgewiesen erachtet wird (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GBO).

a) Das Grundbuchamt hat die in der öffentlichen Urkunde enthaltene Verfügung von Todes wegen sowohl nach ihrer äußeren Form als auch nach ihrem Inhalt zu prüfen (z. B. OLG Frankfurt Rpfleger 1978, 412; Schaub in Bauer/von Oefele, GBO 2. Aufl., § 35 Rn 124). Es steht nicht in seinem Belieben, ob es einen Erbschein verlangen will oder ihm die in § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO genannten Beweismittel genügen (Schaub in Bauer/von Oefele aaO). Vielmehr hat das Grundbuchamt selbständig zur Frage der Erbfolge Stellung zu nehmen, gegebenenfalls auch den Willen des Erblassers durch Auslegung zu ermitteln und Zweifel durch Anwendung des Gesetzes auf die Verfügung zu lösen (siehe etwa KG OLGE 44, 88). Die inhaltliche Überprüfung der Urkunde muss ergeben, dass Erben in der Verfügung von Todes wegen in jedem Fall zweifelsfrei bezeichnet sind (Schaub in Bauer/von Oefele, § 35 Rn 147). Als unbestimmt ist die Erbeinsetzung anzusehen, wenn "die Kinder", die "Abkömmlinge" oder auch die "gemeinschaftlichen Kinder" benannt werden. Wenn auch in diesen Fällen grundsätzlich ein Erbschein verlangt werden kann (Schaub in Bauer/von Oefele, § 35 Rn 149), so kennt dieser Grundsatz doch Ausnahmen (Schaub in Bauer/von Oefele, § 35 Rn 138).

b) Nach wohl herrschender Meinung reicht im Grundbuchverfahren für die negative Tatsache, dass keine weiteren gemeinschaftlichen Kinder vorhanden sind, die eidesstattliche Versicherung des (der) Erben in Verbindung mit der notariellen letztwilligen Verfügung als Nachweis aus, es sei denn, es ergäben sich aus konkreten Umständen Zweifel an der Erbfolge (OLG Schleswig FGPrax 1999, 206; OLG Hamm FGPrax 2011, 223/224; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht 14. Aufl. Rn 790 mwN). So kann nach der Rechtsprechung des ehemals zuständigen Bayerischen Obersten Landesgerichts ein Erbschein (nur) dann verlangt werden, wenn Anhaltspunkte dafür sprechen, dass das Nachlassgericht weitere Ermittlungen anstellen und zu einer abweichenden Beurteilung der Erbfolge gelangen könnte (BayObLG FGPrax 2000, 179). Würde das Nachlassgericht ebenfalls ohne weitere Ermittlungen eine eidesstattliche Versicherung der Beteiligten der Erbscheinserteilung zugrunde legen, bedarf es des Umwegs über das Nachlassgericht nicht (aaO S. 180). Kann die Person des Erben durch Personenstandsurkunden festgestellt und eine Lücke im Nachweis im Hinblick auf das Fehlen weiterer Abkömmlinge des Erblassers durch eine eidesstattliche Versicherung geschlossen werden, so ist die Vorlage eines die Erbfolge bezeugenden Erbscheins nicht erforderlich (OLG Hamm, Rpfleger 2011, 223 für Nacherbfolge).

c) An dieser Rechtsprechung ist trotz kritischer Stimmen (siehe Jurksch, Rpfleger 2011, 665) festzuhalten. Sie trägt in erster Linie praktischen Bedürfnissen Rechnung. Die eidesstattliche Versicherung zum Nachweis des Erbrechts eignet sich im Grundbuchverfahren in Fällen, in denen der – auch kostenträchtige – Umweg über das Nachlassgericht nicht geboten erscheint. Hierauf beschränkt sie sich auch. Bei sachgerechter Anwendung der dazu entwickelten Grundsätze, wobei dem Grundbuchamt wie dem Senat als Tatsacheninstanz (§ 74 GBO) ein gewisser Beurteilungsspielraum zusteht (BayObLG FGPrax 2000, 179), erscheint die Gefahr, im Grundbuchverfahren zu anderen Ergebnissen als im eigentlich dazu bestimmten Nachlassverfahren zu gelangen, gering.

2. Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt hier folgendes: Erben des Letztversterbenden sind nach dem eröffneten Ehe- und Erbvertrag die gemeinschaftlichen Kinder. Mit einer Personenstands-/Abstammungsurkunde kann die Beteiligte belegen, dass sie gemeinschaftliches Kind der verstorbenen Eheleute ist (siehe OLG Hamm FGPrax 2011, 223/224). Der fehlende Nachweis, dass die Beteiligte alleiniges Kind der verstorbenen Eheleute ist, kann durch eine (vor einem Notar abzugebende) eidesstattliche Versicherung geführt werden. So ergibt sich aus dem 1965 abgeschlossenen Ehe- und Erbvertrag, dass aus der 1958 geschlossenen Ehe bis dahin ein Kind vorhanden war. Aus dem Grundbuch folgt, dass die Ehefrau 1965 bereits 41 Jahre alt war. Die Beteiligte hat ferner erklärt, die Berichtigung des Grundbuchs, offensichtlich das Wohnanwesen in R. betreffend, habe bereits ohne Erbscheinsvorlage sta...

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