§§ 2303-2345 BGB
Staudinger
Sellier – de Gruyter Neubearbeitung 2015, 684 Seiten, 319 EUR
ISBN: 978-3-8059-1077-4
Der bei Anwälten, Richtern, Wissenschaftlern und Studierenden gleichsam höchst beliebt, – das muss man erst einmal schaffen – Staudinger zu Pflichtteil und Erbunwürdigkeit, ist nun als "Neubearbeitung 2015" erschienen. Nach Ausscheiden von Haas haben dessen Part Bandredakteur Otte, ordentlicher Professor, bzw. Herzog, Anwältin, übernommen; der weitere Teil ist in den bewährten Händen von Olshausen, Notar, geblieben. Auch inhaltlich gab es große Veränderungen: Die Erbrechtsreform ist nun endlich berücksichtigt.
Überzeugend ist die Argumentation Ottes zu Auslegungsfragen, ob eine Anrechnung nach § 2315 BGB erklärt wurde. Dabei nimmt er natürlich BGH ZEV 2010, 190 auf und kritisiert diese Entscheidung als zu eng (§ 2315 BGB Rn. 16). Bei einer solchen Pflichtteilsanrechnung gegenüber Minderjährigen kommt er zu dem Ergebnis, dass zwar ein Ergänzungspfleger, nicht hingegen die familiengerichtliche Genehmigung erforderlich sei (§ 2315 BGB Rn 28 ff).
Aktuelle Themen sind aufgenommen: Herzog kritisiert scharf die unsägliche Entscheidung des OLG München (ZEV 2014, 454), wonach es keinen materiell-rechtlichen Auskunftsanspruch des Erben gegen den Pflichtteilsberechtigten wegen etwaiger Vorempfänge geben soll (§ 2314 BGB Rn 94). Gleichzeitig weist sie auch darauf hin, dass die Praxis diese Entscheidung gerne mißversteht: Nach den Münchenern ergibt sich letztlich eine Auskunftspflicht aus prozessualen Gründen. Sehr übersichtlich sind Herzogs jeweils begründete Auflistungen von ansetz- und nichtansetzbaren in den pflichtteilsrelevanten Aktiva und Passiva. Sie fasst und schärft die aktuelle Argumentation zu den Grabpflegekosten, ob und inwieweit diese zu Lasten des Pflichtteilsberechtigten anzusetzen sind (§ 2311 BGB Rn 55).
Olshausen hat erfreulicherweise weiterhin unter § 2332 BGB auch die Verjährung der Ansprüche nach §§ 2303, 2325 BGB kommentiert, auch wenn die reformierte Vorschrift nur noch die Ansprüche gegen den subsidiär haftenden Beschenkten betrifft. Zudem hat er die neuen Pflichtteilsentziehungsgründe anschaulich dargestellt.
Den Rezensenten begeistern im Staudinger auch die Zitierungen des Planck und des RGRK; zwei sehr hervorragende Kommentare, die etwas Ursprüngliches und eine besondere Klarheit haben. Auch sind die Hinweise auf die relevanten Stellen auf die Motive und Protokolle sehr hilfreich, da diese bei bislang ungelösten Problemen in Mandaten immer wieder herangezogen werden müssen.
Fazit: Der Pflichtteilsband vom Staudinger ist ein ganz klarer Kauf für den Erbrechtler. Auch die sich in nicht alltäglichen Mandaten ergebenden Probleme werden aufgegriffen und verständlich dargestellt. Dabei gelingt den Autoren stets die Abgrenzung der bestehenden Auffassungen bzw. dieser mit der jeweils selber verfolgten Auffassung. So kann der Anwalt unter Abwägung der Argumente sich selbst seine Auffassung bilden und Klagerisiken einschätzen.
Autor: Dr. Claus-Henrik Horn
Dr. Claus-Henrik Horn, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Düsseldorf
ZErb 3/2015, S. 099 - 100