a) Hintergrund
Art. 968 Code civil sieht ein Verbot gemeinschaftlicher Testamente vor. Soweit bisher immer umstritten war, ob es sich dabei, wie bei dem Pendant im italienischen Recht, um eine materielle oder nur um ein formelle Verbotsvorschrift mit der Folge handelt, dass bei gemeinschaftlichen Testamenten mit internationalem Bezug das von Frankreich ratifizierte Haager Übereinkommen vom 5.10.1961 über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht mit der weiteren Folge zu berücksichtigen ist, dass ein nach der Ortsform gültiges gemeinschaftliches Testament auch in Frankreich als formwirksam anzuerkennen ist, ist dies nunmehr durch die Entscheidung der Cour de Cassation vom 21.11.2012 höchstrichterlich im letztgenannten Sinne entschieden.
Ist somit ein von zwei Deutschen in Deutschland nach der dortigen Ortsform wirksam errichtetes gemeinschaftliches Testament auch in Frankreich als formwirksam zu behandeln, so folgt daraus aber noch nicht, dass die diesbezüglichen materiellrechtlichen Wirkungen, also insbesondere die damit gegebenenfalls verbundenen Bindungswirkungen, ebenfalls anzuerkennen sind.
Auch wenn die diesbezüglichen Fragen noch nicht geklärt sind, wird man aber wohl davon ausgehen müssen, dass insoweit, bei anwendbarem französischem Erbstatut, das gesetzliche Verbot, mit Bindungswirkung über seinen Nachlass zu verfügen, durchschlägt.
Ein solches formwirksam errichtetes gemeinschaftliches Testament würde somit im Ergebnis als zwei gesonderte letztwillige Verfügungen beinhaltend beurteilt werden, von denen jede einzelne widerrufen werden kann. Somit würde es gerade an der für das gemeinschaftliche Testament typischen Bindungswirkung fehlen.
b) Frage
Bezogen auf die EU-ErbVO ist die Frage, ob es sich bei einem gemeinschaftlichen Testament um einen Erbvertrag im Sinne der Verordnung handelt, vor diesem Hintergrund deshalb von erheblicher Bedeutung, weil in diesem Fall ein solches Testament für einen französischen Staatsbürger bereits dann rechtlich möglich wäre, wenn das Heimatrecht seines Ehegatten ein solches Testament als wirksam ansieht. Dies ergibt sich aus Art. 25 Abs. 3 der Verordnung, wonach es für die Wirksamkeit eines Erbvertrags ausreicht, wenn dieser dem Recht des Ehegatten entspricht, dessen Recht gewählt wurde. Im Falle eines deutsch-französischen Ehepaares würde dies bei entsprechender Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts also dazu führen, dass ein gemeinschaftliches Testament dann mit der Folge als wirksam anzusehen wäre, dass die sich aus diesem Testament ergebenden Bindungswirkungen anzuerkennen wären.
Versteht man ein gemeinschaftliches Testament indessen nicht als Erbvertrag im Sinne der Verordnung, sondern schlicht als "Testament" im Sinne der Verordnung, so blieben die Rechtswahlmöglichkeiten auf das Heimatrecht beschränkt und ein französischer Staatsbürger könnte keine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts treffen (Art. 22 Abs. 1).
c) Antwort
Für die zuletzt genannte Ansicht spricht zunächst einmal, dass Art. 3 Abs. 1 lit. d) im Zusammenhang mit der Definition einer "Verfügung von Todes wegen" klar zwischen einem gemeinschaftlichen Testament und einem Erbvertrag differenziert. Andererseits heißt es wiederum im Rahmen der Definition des Erbvertrags in Art. 3 Abs. 1 lit. b), dass ein solcher Erbvertrag auch eine Vereinbarung aufgrund gegenseitiger Testamente, die mit oder ohne Gegenleistung Rechte am künftigen Nachlass begründet, ändert oder entzieht, sein kann.
Angesichts der Unklarheit, wie im Ergebnis ein gemeinschaftliches Testament mit Bindungswirkungen, wie es klassischerweise das so genannte Berliner Testament im Sinne des § 2270 BGB darstellt, im Sinne der EU-ErbVO einzuordnen ist, wird die Empfehlung, bis zu einer höchstrichterlichen Klärung durch den EuGH, selbstverständlich dahin gehen müssen, diesbezüglich einen Erbvertrag abzuschliessen.