1. Die Kernaussagen der Entscheidung
Zunächst macht das BVerfG deutlich, dass die erbschaftsteuerliche Begünstigung des Übergangs betrieblichen und land- und forstwirtschaftlichen Vermögens sowie von Anteilen an Kapitalgesellschaften grundsätzlich verfassungsgemäß ist, die derzeitige Ausgestaltung in §§ 13 a, 13 b ErbStG allerdings in Teilen gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt (Tz 118).
Auch wenn die festgestellten Verfassungsverstöße für sich genommen die §§ 13 a und 13 b ErbStG zwar jeweils nur in Teilbereichen betreffen, erweisen sich wichtige Bausteine der Gesamtregelung als verfassungswidrig (Tz 281). Die festgestellten Gleichheitsverstöße erfassen folglich die §§ 13 a und 13 b ErbStG insgesamt (Tz 282).
Dennoch hat das BVerfG – anders als bisweilen erwartet – die §§ 13 a und 13 b in Verbindung mit § 19 Abs. 1 ErbStG lediglich für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG erklärt und zugleich deren Fortgeltung bis zu einer Neuregelung, die spätestens zum 30.6.2016 zu treffen ist, angeordnet (Tz 285 ff). Damit soll dem Interesse einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung und eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs für Zeiträume einer weitgehend schon abgeschlossenen Veranlagung, sowie den verschiedenen Möglichkeiten des Gesetzgebers, den Verfassungsverstoß zu beseitigen, Rechnung getragen werden.
2. Argumentation des BVerfG im Einzelnen und Reaktionsmöglichkeiten des Gesetzgebers
Dem Gesetzgeber bleibt nun – erneut – die Möglichkeit, einen verfassungsgemäßen Zustand durch eine umfassende Nachbesserung oder grundsätzliche Neukonzeption der Gesamtverschonungsregelung herbeizuführen.
Zu einer Abschaffung der Erbschaft- und Schenkungsteuer – wie immer wieder und insbesondere nach der Abschaffung der Steuer in Österreich einigenorts gefordert – wird es sicherlich nicht kommen. Dem dürften in rechtlicher Hinsicht die – zwar nicht von der Mehrheit des Senats getragenen – Überlegungen des Sondervotums der Richter Gaier, Masing und Baer entgegenstehen, nach der die Erbschaftsteuer auch ein Instrument des Sozialstaates ist, um zu verhindern, dass Reichtum in der Folge der Generationen in den Händen weniger kumuliert und allein aufgrund von Herkunft oder persönlicher Verbundenheit unverhältnismäßig anwächst, und sich die die materielle Verfassungswidrigkeit der §§ 13 a, 13 b ErbStG daher zusätzlich auf das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG stützen lässt. Auch der politische Wille für eine gänzliche Abschaffung der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist (derzeit) nicht vorhanden.
Bei der Überarbeitung kann und sollte sich der Gesetzgeber an den Leitgedanken und zahlreichen Hinweisen des BVerfG orientieren. Diese sollen hier vorgestellt werden:
a) Verfassungsrechtliche Rechtfertigungsmöglichkeiten und Grundprobleme der aktuellen Verschonungsregelungen
Die grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers, mithilfe des Steuerrechts außerfiskalische Förder- und Lenkungsziele zu verfolgen, ist nicht zu beanstanden (Tz 124). Zudem ist der Gesetzgeber in der Entscheidung darüber, welche Sachverhalte, Personen oder Unternehmen aus Gründen des Gemeinwohls gefördert werden sollen, weitgehend frei (Tz 125). Allerdings kann diese Freiheit im Steuerrecht durch das Ausmaß der mit der Steuerverschonung bewirkten Ungleichbehandlung und durch deren Auswirkung auf die gleichheitsgerechte Erhebung dieser Steuer insgesamt eingeschränkt sein mit der Folge, dass der Gesetzgeber insoweit einer über eine bloße Willkürprüfung hinausgehenden strengeren Kontrolle am Maßstab der Verhältnismäßigkeit unterliegt (Tz 126). Dies ist hier gegeben, da die durch die Verschonungsregelungen der §§ 13 a, 13 b ErbStG bewirkte Ungleichbehandlung zwischen Erwerbern begünstigten und sonstigen Vermögens nach Auffassung des BVerfG enorm ist (Tz 128).
Dabei ist das Ziel des Gesetzgebers, durch die steuerliche Verschonung Unternehmen, die durch einen besonderen personalen Bezug des Schenkers oder Erblassers oder auch des Erwerbers zum Unternehmen geprägt sind, vor Liquiditätsproblemen durch die erbschaft- oder schenkungsteuerliche Belastung des Unternehmensübergangs zu bewahren und so deren Bestand und der Erhalt der Arbeitsplätze bei der Unternehmensnachfolge zu sichern, legitim (Tz 133). Die Verschonungsregelungen sind ferner geeignet, diese Ziele zu verfolgen und im Grundsatz auch erforderlich, jedoch nicht durchgehend verhältnismäßig im engeren Sinne (Tz 139, 140). Die Grenze der Unverhältnismäßigkeit ist überschritten, soweit die Verschonung auch solche Unternehmen erfasst, welche die Größe kleiner und mittlerer Unternehmen überschreiten, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen (Tz 155).
Ausdrücklich weist das BVerfG in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Gesetzgeber einerseits die Möglichkeit hat, die festgestellte unangemessene Ungleichbehandlung zwischen begünstigten und nicht begünstigten Vermögensübertragungen durch die exakte Bestimmung des Kreises kleiner und mittelständischer Unternehmen und durch di...