Die Beschwerden der Antragstellerin sind gemäß den §§ 58 ff FamFG zulässig, sie sind jeweils form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
In der Sache bleiben die Beschwerden jedoch ohne Erfolg, denn die Zurückweisung der Erbscheinsanträge durch das Nachlassgericht erfolgte im Ergebnis zu Recht:
Beschwerde vom 27. Mai 2014 gegen die Zurückweisung des Hauptantrages:
Die Zurückweisung des Hauptantrages – Erteilung eines Erbscheins, der die Antragstellerin als Alleinerbin ausweist – erfolgte zu Recht, weil die Antragstellerin nicht Alleinerbin geworden ist.
Allerdings folgt der Senat der angefochtenen Entscheidung nicht, soweit das Nachlassgericht die Enterbung der Antragstellerin durch das eigenhändige Testament des Erblassers vom 29. April 2013 für wirksam erachtet.
Der Erblasser war aufgrund des gemeinschaftlich mit seiner vorverstorbenen Ehefrau errichteten Testaments vom 16. Dezember 2002 iVm § 2271 Abs. 2 BGB an einer abweichenden Testierung und damit an einer Enterbung der Antragstellerin gehindert, weil die Einsetzung der Antragstellerin als Schlusserbin eine wechselbezügliche Verfügung im Sinne des § 2270 Abs. 1 BGB darstellt, die den überlebenden Ehegatten bindet.
Der Erblasser und seine im März 2008 vorverstorbene Ehefrau hatten unter dem 16. Dezember 2002 ein Testament errichtet, indem sie sich gegenseitig zu Alleinerben und ihre beiden gemeinsamen Kinder zu Schlusserben des Letztversterbenden bestimmt haben (§ 2269 Abs. 1 BGB).
Richtig ist zwar, dass allein die Tatsache, dass Ehegatten gemeinschaftlich testieren, die Wechselbezüglichkeit ihrer Verfügungen noch nicht zu begründen vermag (BGH NJW-RR 1987, 1410 – 1411, zitiert nach juris, dort Rn 11), sondern dass die Wechselbezüglichkeit für jede Verfügung gesondert durch Auslegung zu ermitteln ist (BGH, aaO Rn 10/14). Weiter ist zutreffend, dass ein Elternteil sich regelmäßig nicht nur deshalb dazu veranlasst sieht, die gemeinsamen Kinder als Erben einzusetzen, weil auch der andere Ehegatte dies tut. Dies stellt sich jedoch dann anders dar – und dies wird vorliegend vom Nachlassgericht außer Acht gelassen – wenn man die Einsetzung der Kinder als Schlusserben durch den einen Ehegatten im Verhältnis zu der Einsetzung dieses Ehegatten als Alleinerbe nach dem Erstversterbenden untersucht. Denn dann drängt die Interessenlage die Wechselbezüglichkeit der Verfügungen im Sinne des § 2270 Abs. 1 BGB geradezu auf, weil ein Ehegatte die mit der Einsetzung des anderen Ehegatten zum Alleinerben verbundene Enterbung der gemeinsamen Kinder regelmäßig nur im Hinblick darauf in Kauf nehmen wird, dass diese Kinder durch den anderen Ehegatten zugleich als Schlusserben eingesetzt werden und sie so jedenfalls im zweiten Erbgang am Familienvermögen teilhaben können. Es entspricht deshalb durchgehend obergerichtlicher Rechtsprechung, dass derartige Verfügungen zueinander wechselbezüglich im Sinne des § 2270 Abs. 1 BGB sind (OLG Köln ZErb 2014, 118, zitiert nach juris, dort LS. 1 und Rn 16; OLG Schleswig FamRZ 2014, 1486 – 1487, zitiert nach juris, dort Rn 22; OLG Brandenburg ErbR 2014, 441 – 444, zitiert nach juris, dort Rn 31; OLG München NJW-RR 2012, 338 – 341, zitiert nach juris, dort Rn 28/29; vgl. auch BGH NJW 2002, 1126 – 1127, zitiert nach juris, dort Rn 8). Auch die von dem Nachlassgericht zitierten Ausführungen von Musielak in MüKo, BGB, 6. Auflage 2013, § 2270 Rn 12 sowie die Entscheidung des OLG München (NJW – RR 2011, 227 ff) stützen seine abweichende Auffassung nicht.
Bei diesem Auslegungsergebnis bleibt es auch, wenn man vorliegend den weiteren Text des gemeinschaftlichen Testaments vom 16. Dezember 2002 einbezieht. Denn die in dem Testament enthaltene wechselseitige Bestätigung, dass der überlebende Ehegatte das Recht haben soll, Haus und Wohnung zu verkaufen, betrifft nicht nur seinem Wortlaut, sondern auch seinem Sinn nach lediglich Verfügungen unter Lebenden und soll dem überlebenden Ehegatten nicht auch eine abweichende letztwillige Verfügung ermöglichen (vgl. dazu OLG München, aaO Rn 31; OLG Schleswig, aaO Rn 23 ff; OLG Köln, aaO LS. 2 und Rn 16; OLG Brandenburg, aaO Rn 32 ff; OLG Hamm Erbrecht effektiv 2011, 181, zitiert nach juris, dort Rn 35 ff).
Die Enterbung der Antragstellerin im eigenhändigen Testament des Erblassers vom 29. April 2013 ist damit ohne Wirkung geblieben.
Allerdings ist die Antragstellerin nicht Alleinerbin geworden, denn ihr ist nicht auch gemäß § 2094 Abs. 1 Satz 2 BGB der hälftige Schlusserbenanteil ihres am 2. August 2008 – und damit vor Eintritt des Schlusserbfalls – verstorbenen Bruders angewachsen.
Die Frage, wer im Falle eines vorzeitigen Wegfalls des Erben in dessen Stellung nachrückt, ist regelmäßig durch Auslegung der letztwilligen Verfügung zu ermitteln, wobei Ziel der Auslegung die Ermittlung des wirklichen oder mutmaßlichen Willens der Erblasser ist. Insofern ist vorliegend zu fragen, welche Regelung die Ehegatten bei Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments für den Fall des Wegfalls des Sohnes vor Eintritt des Sc...