Leitsatz
Die Anfechtung der Annahme der Erbschaft bedarf in formeller Hinsicht einer notariell beglaubigten Anfechtungserklärung. Ein Nachschieben einer anderweitigen Begründung der Anfechtung bedarf wiederum der notariellen Beglaubigung; ein formlos vorgetragener, abweichender Anfechtungsgrund ist insoweit unbeachtlich.
OLG Hamm, Beschluss vom 7. Juli 2015 – I-15 W 329/14
Sachverhalt
Der Erblasser war geschieden. Er hatte einen Sohn V, der mit der Beteiligten zu 1) verheiratet war und vorverstorben ist. Aus der Ehe des Sohnes mit der Beteiligten zu 1) ist ein Kind hervorgegangen, der am 28.9.19## geborene Beteiligte zu 3).
Der Beteiligte zu 2) ist nach dem Testamentsvollstreckerzeugnis des Amtsgerichts vom 5.4.2013 Testamentsvollstrecker über den Nachlass des Erblassers. Zwischenzeitlich betreibt die Beteiligte zu 1) seine Abberufung aus wichtigem Grund. Eine Entscheidung des Nachlassgerichts steht insoweit noch aus.
Zu Lebzeiten des Sohnes, am 3.4.2000, schlossen der Erblasser und sein Sohn einen notariell beurkundeten Vertrag (UR-Nr. 13/2000 des Notars S 1 in F – Bl. 36 der beigezogenen Akte 2 O 301/13 LG Essen – ), in dessen Präambel es wie folgt heißt:
Der Erschienene zu 1) (i.e. Der Erblasser) hatte ursprünglich beabsichtigt, im Rahmen eines Erbvertrags folgende Vermächtnisse zugunsten seines Sohnes, des Erschienen zu 2), auszusetzen, und zwar u.a.:
Zitat
"1. die Kommanditbeteiligung des Erschienen zu 1) von 35 % des Gesamtkommanditkapitals an der Firma S, Zeitungen und "
Zeitschriften, Großvertrieb, Buchhandlung GmbH & Co KG, ...,
2. 35 % der Geschäftsanteile des Erschienen zu 1) an Firma Electronic Computer Center Datenverarbeitungs-GmbH, ...,
3. die Geschäftsanteile von 60% des Erschienen zu 1) an der Grundstücks- und S GbR ...,
4. die im Nachfolgenden noch näher bezeichnete Eigentumswohnung des Erschienen zu 1) in G/Schweiz ...,
5. die nachstehend noch näher bezeichnete Eigentumswohnung des Erschienen zu 1) im Hause F1-str.##, F,
6. das hälftige Miteigentum des Erschienen zu 1) an dem Motorboot "Palucca"...
Es soll sichergestellt werden, dass der Erschienene zu 2) ungeschmälert Inhaber bzw. Eigentümer dieser Vermögenswerte des Erschienen zu 1) werden soll, auch schon vor dessen Tod, und zwar für den Fall, dass der Erschienene zu 1) eine neue Ehe eingehen sollte. Das gleiche gilt für den Fall, dass der Erschiene zu 1) ein Kind adoptieren sollte. Falls dies der Fall sein sollte, sollen die vorbezeichneten Vermögenswerte mit dem Zeitpunkt der Eheschließung oder Adoption entsprechend der nachstehend im einzelnen getroffenen Bestimmungen, jedoch jeweils belastet mit einem lebenslänglichen, unentgeltlichen Nießbrauch zugunsten des Erschienen zu 1) übergehen, so dass diese Vermögenswerte im Rahmen möglicher Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche der zukünftigen Ehefrau des Erschienen zu 1) oder eines adoptierten Kindes unberücksichtigt bleiben. Insofern schließen der Erschiene zu 1) und der Erschiene zu 2) hiermit folgenden aufschiebend bedingten Übertragungsvertrag, ...“.
Gegen Ende des Vertrages heißt es weiter:"Zwischen den Vertragsschließenden wird hiermit ausdrücklich vereinbart, dass der Sohn des Erschienen zu 2), der am 28.9.19## geborene E S, für den Fall, dass der Erschienene zu 2) vor dem Erschienen zu 1) vorversterben sollte, vollinhaltlich in die Rechte dieses Vertrages eintritt, so dass dieser Vertrag bezogen auf das Vorversterben des Erschienen zu 2) ein echter Vertrag zugunsten des Sohnes des Erschienen zu 2), der Enkels des Erschienen zu 1) ist, ist."
Wie aus dem Vertrag ersichtlich war der Erblasser wohlhabend, wobei der mit Abstand werthaltigste Gegenstand unstreitig die Beteiligung an der S GmbH & Co KG ist. Im Zeitpunkt des Erbfalls hatte der Nachlass, lässt man die Gesellschaftsanteile außer Betracht, nach den Feststellungen des Beteiligten zu 2) – abhängig von der Bewertung der Immobilien – einen (reinen) Wert von 150.000 bis 250.000 EUR.
In der Zeit nach dem Vertragsschluss versuchte sich der Erblasser von den dort vereinbarten Bindungen abzusetzen, da er eine Eheschließung mit seiner Lebensgefährtin in Erwägung zog. Er konnte hierfür jedoch nicht die Zustimmung seines Sohnes bzw. der Beteiligten zu 1) erhalten.
Am 22.8.2007 errichtete der Erblasser ein notariell beurkundetes Testament (UR-Nr. 794/2007 des Notars Dr. C in F – Blatt 22 der Testamentsakte 155 IV 5/13 – ), dessen Inhalt, soweit vorliegend von Interesse, wie folgt lautet:
Zitat
"Ich widerrufe hiermit vorsorglich sämtliche Verfügungen von Todes wegen, die ich bisher errichtet habe. Vorsorglich stelle ich klar, dass ich am 23.11.2006 ein Testament vor einem Notar in Spanien errichtet habe, mit dem ich meine Lebensgefährtin Frau E als Erbin meiner in Spanien befindlichen Güter eingesetzt habe. Der jetzige Widerruf gilt auch für dieses spanische Testament. ... "
1. Erbeinsetzung
1.1. Zu meinem Alleinerben setze ich meinen Enkel E S, geb. am 28.9.19##, wohnhaft F-Straße, F, ein.
1.2. Im Falle des Vorversterbens oder der Ausschlagung durch E S
setze ich als...