Die Frage nach dem anwendbaren materiellen Recht entscheidet sich zum einen danach, ob der Erblasser eine letztwillige Verfügung hinterlassen hat, zum anderen danach, ob bewegliches oder unbewegliches Vermögen betroffen ist.
a) Anwendbares materielles Recht bei Fehlen einer letztwilligen Verfügung
Hat der Erblasser keine letztwillige Verfügung hinterlassen, richtet sich das anwendbare Recht grundsätzlich nach Sec. 4 ISA. Die Vorschrift unterscheidet zwischen beweglichem und unbeweglichem Vermögen.
aa) Bewegliche Gegenstände: domicile maßgeblich
Bei beweglichen Nachlassgegenständen richtet sich das anwendbare materielle Recht gemäß Sec. 4 (1) ISA nach dem domicile des Erblassers.
Zu beachten ist, dass der Begriff des domicile im Common Law nicht gleichbedeutend mit dem des Wohnsitzes im Sinne des BGB ist, und daneben insbesondere nicht mit dem Begriff des "gewöhnlichen Aufenthalts" iSd EU-ErbVO verwechselt werden darf. Der Begriff des domicile beschreibt ein Gebiet einheitlicher Jurisdiktion. Eine Person hat stets nur ein domicile. Das Common Law unterscheidet dabei zwischen dem domicile of origin, welches sich bei der Geburt von einem Elternteil ableitet, dem für Minderjährige maßgeblichen und ebenfalls von einem Elternteil abhängigen domicile of dependency und dem später selbst gewählten domicile of choice. Das domicile of choice setzt grundsätzlich neben der körperlichen Anwesenheit auch einen Bleibewillen auf unbestimmte Zeit voraus. Die betroffene Person muss die Absicht haben, den jeweiligen Ort zu ihrem dauerhaften Zuhause zu machen. Die alleinige Absicht, sich für die Dauer einer Erwerbstätigkeit oder einer Ausbildung in einem Gebiet aufzuhalten, ist selbst dann nicht ausreichend, wenn diese Zwecke einen langjährigen Aufenthalt erfordern.
Aufgrund der Vielschichtigkeit des Begriffs, kann das domicile einer Person im Einzelfall schwer zu bestimmen sein. Grundsätzlich hat derjenige, der eine Veränderung eines vorherigen domicile für sich in Anspruch nehmen will, diese zu beweisen. Dabei ist zu beachten, dass in der Praxis an den Nachweis des Wechsels eines domicile sehr hohe Anforderungen gestellt werden. Daher wird das domicile eines deutschen Erblassers häufig auch nach seinem Umzug nach Singapur noch in Deutschland liegen, sodass nach singapurischem Erbrecht hinsichtlich der beweglichen Nachlassgegenstände oftmals deutsches Recht anwendbar sein wird.
bb) Immobilien: Belegenheitsort maßgeblich
Für die sich im Nachlass befindenden Immobilien gilt das Belegenheitsprinzip. Liegt die Immobilie in Singapur, ergibt sich aus Sec. 4 (2) ISA und allgemeinen Grundsätzen des Common Law die Anwendbarkeit singapurischen Rechts. Befindet sich die Immobilie in einem anderen Staat, ist das Recht dieses Staates anwendbar.
Die Anwendbarkeit singapurischen Rechts kann für einen deutschen Erben zu erheblichen Problemen führen, da in Singapur beispielsweise die Vererbung von Residential Property an Ausländer gemäß Sec. 3 (3) RPA ausgeschlossen ist.
b) Anwendbares materielles Recht bei Existenz einer letztwilligen Verfügung
Hat der Erblasser vor seinem Tod eine letztwillige Verfügung errichtet, so bestimmt sich das anwendbare Recht in Ermangelung von Statute Law nach den Grundprinzipen des Common Law. Insofern ist ebenfalls zwischen beweglichem und unbeweglichem Nachlassvermögen zu unterscheiden und es kommt zu einem Gleichlauf mit der Rechtslage ohne eine letztwillige Verfügung.