Die Einführung der EU-ErbVO mag zu einer verstärkten Harmonisierung in europäischen Erbrechtsfällen geführt haben. Bei Erbfällen mit deutsch-singapurischem Bezug gilt dies jedoch nur eingeschränkt. So ist derzeit noch unklar, welches Recht singapurische Gerichte anwenden, wenn das singapurische internationale Privatrecht von einer Anwendung des deutschen Rechts ausgeht, das deutsche Recht jedoch nach Singapur zurückverweist. Aus Sicht der Verfasser spricht jedoch einiges dafür, dass unter Anwendung der foreign court theory deutsches Sachrecht angewendet würde.

Viele Probleme können durch eine vorausschauende Nachlassgestaltung umgangen werden. Bei der Gestaltung letztwilliger Verfügungen sollten idealerweise die Formvorschriften sowohl Deutschlands als auch Singapurs beachtet werden und – soweit möglich – die entsprechenden Dokumente zweisprachig erstellt werden. Dies erleichtert und verkürzt das Nachlassverfahren. Daneben bietet es sich auch an, eine letztwillige Verfügung in Singapur registrieren zu lassen, um sicherzustellen, dass selbige nicht verloren gehen.

Inhaltlich ist vor allem darauf zu achten, dass den Besonderheiten singapurischen Rechts hinsichtlich der fehlenden Möglichkeit von Ehegattentestamenten, des Pflichtteilsrechts, des muslimischen Erbrechts sowie des beschränkten gesetzlichen Erbrechts nichtehelicher Kinder Rechnung getragen wird. Gleichgeschlechtliche Paare müssen ihren Nachlass in Singapur zwingend testamentarisch regeln, wenn der Partner mit Teilen des Nachlasses bedacht werden soll.

Das gerichtliche Verfahren zur Erlangung des singapurischen probate oder letter of administration ist verhältnismäßig unkompliziert. Sofern der Erbfall unstreitig ist, kann das Verfahren im Wesentlichen auf Grundlage der vorgenannten Dokumente geführt und innerhalb von drei bis vier Monaten abgeschlossen werden. Längere Zeiträume müssen eingeplant werden, sofern (neben der deutschen und der singapurischen) weitere Rechtsordnungen betroffen sind. Verzögerungen ergeben sich ferner häufig dann, wenn hinsichtlich des schedules of assets Ergänzungen vorgenommen werden müssen oder das Gericht zur ausländischen Rechtsordnung Rückfragen hat. Sofern der Nachlassverwalter außerhalb Singapurs lebt, können die Notarisierung, Überbeglaubigung und der anschließende Versand der erforderlichen Dokumente nach Singapur recht zeitraubend anmuten. Es empfiehlt sich dann, eine in Singapur lebende Person zur Durchführung des Verfahrens zu bevollmächtigen.

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